SVP-Stadtratskandidatin Nina Fehr Düsel über Polizeiarbeit, Kommentarschreiber und warum sie ihre eigene Partei früher abgeschreckt hat. Nina Fehr Düsel kandidiert im Februar für den Stadtrat. Was sie über die aktuelle Stadtregierung und einer neuen SVP denkt, hat sie Westnetz im Interview erzählt. Nicht alle Politikerinnen können auf ein Erbe verweisen wie Nina Fehr Düsel. Die Tochter des SVP-Nationalrats Hans Fehr hat ihr Leben lang den politischen Alltag ihres Vaters erlebt. Seit gut 15 Jahren lebt die junge Juristin in der Limmatstadt. Nun stellt sie sich zur Wahl in den Stadtrat. Als Teil der bürgerlich liberalen Front will sie die linke Mehrheit im Stadtrat kippen. Die junge Politikerin ist im Züricher Unterland aufgewachsen. Als Teenagerin schlug ihr Herz grün. Als Erwachsene hat sie sich für die Partei ihres Vaters, die SVP entschieden. Gemeinsam mit ihrem Mann politisiert sie im Kreis 7/8. Unter anderem war es ihre Arbeit bei der Staatsanwaltschaft, die sie bekräftigt hat, für die SVP zu politisieren. Westnetz hat Nina Fehr Düsel zu einem entspannten Gespräch bei einem grossen Krug Pfefferminztee getroffen und über Politik und die Stadt Zürich gesprochen. Ihr Vater war der zentrale Organisator der Zürcher SVP. Schon in ihrer Kindheit war er stark politisch engagiert. Wie war das für Sie Zuhause? Es war spannend, aber nicht immer nur einfach. Während meiner Ausbildung hatten viele eine andere Ausrichtung als mein Vater. Ein Kanti-Lehrer hat einmal einen Spruch fallen gelassen und mich automatisch der gleichen Schiene zugeordnet. Als Tochter kann man eine ganz andere Meinung haben. Privat ist er ganz anders. Am Familientische haben wir die amüsantesten Diskussionen und reden selten über Politik. In den Ferien, da würden einige Leute staunen, wie locker und kulant er ist. Allen Leuten gibt er einen Batzen und kauft an jedem Stand etwas, so dass ich einige Souvenirs habe, die ich eigentlich nicht kaufen wollte. Und ich habe viel profitiert von ihm. Das politische Geschehen ist mir nahe. Ich kenne viele Leute, weiss wie der politische Ablauf funktioniert. Wovon haben Sie speziell profitiert? Seinem Eifer, seiner Tatkraft, dass er ein Macher-Typ ist. Manchmal gibt es Leute, die viel reden, er aber hat gemacht. Er ist unkompliziert und reisst gerne selber die Sachen an, Und ist sich nicht zu schade, selber in den Regen zu stehen. Das habe ich auch. Ich mache die Sachen gerne selber. Was ist das grösste politische Problem von Zürich-West? Es ist eine gewisse Verschiebung vorhanden. Das sieht man in der ganzen Stadt. Es besteht kein Gleichgewicht mehr. Von den neun Köpfen im Stadtrat haben wir kaum einen bürgerlich Liberalen. Das umgekehrte Extrem wäre auch nicht gut. Das sieht man im Kreis 4 und 5 speziell. Die SVP hat dort kein Brot. Anderen bürgerlichen oder liberalen Parteien geht es ebenso. Das Quartier ist im Umschwung. Viele neue Leute ziehen dahin. Die sehr teuren Bauten, wie an der Heinrichstrasse, ziehen Expads und andere an. Diese engagieren sich nicht im Quartier und der Stadt. An den Wochenenden sind sie in England, Deutschland oder wo auch immer. Der Gegensatz dazu ist die Langstrasse. Unterdessen gibt es auch viele gelungene Projekte. Wie die Viaduktbögen. Persönlich fehlen mir Grünflächen. Klar, es ist ein Industriequartier und das Urbane passt. Das Quartier ist von den Personen her nicht so durchmischt, wie andere Quartiere. Eine gewisse Ausgewogenheit wäre schön. Auch in der Stadtregierung. Wie will die SVP in Zürich-West Wähler gewinnen? Diese Entwicklung findet statt. Das Quartier verändert sich und zieht andere Leute an. Es findet auch dort ein gewisses Umdenken statt. Es ist wichtig, vermehrt präsent zu sein. Man soll nicht resignieren, sondern gerade wegen des Bedarfs präsent sein. Wie wollen Sie präsent sein? In der heissen Phase, im Dezember und Januar, sind Standaktionen geplant. Da schauen wir vermehrt auf den Kreis 4/5 und organisieren auch Veranstaltungen. Der Präsident der Kreispartei ist Stefan Urech. Jung und initiativ. Er hat einen schwierigen Stand im Quartier. Aber es ist einiges am Tun. Was finden Sie zur Anbindung der Tramlinie 2 an den Knotenpunkt Bahnhof Altstetten? Ich benutze oft den Öffentlichen Verkehr und grundsätzlich befürworte ich Anbindungen. Jede Art von Verkehr, nicht nur der Autoverkehr, soll fliessen. Dies vertritt unsere Partei. Es ist eine Frage der Finanzierung oder von Alternativen. Grundsätzlich finde ich diesen Anschluss nicht schlecht, aber ich möchte mir eine abschliessende Meinung bilden. Ich sehe das dafür. Aber auch das dawider. Welche Interessen soll man gewichten. Die Interessen der Allgemeinheit oder die der Quartierbevölkerung? Es geht um die Abwägung der einzelnen Interessen. Wenn auf dem öffentlichen Grund verschiedene Benutzer ihre Berechtigung haben, ist es nie möglich, dass alle befriedigt sind. Man muss abschätzen, welche Interessen stärker gewichten werden. Es braucht ein fliessendes, funktionierendes Gesamtkonzept. Es ist klar, Anwohner haben immer etwas dagegen. Jeder, wie auch die Quartierbevölkerung hat eigene Interessen. Hier gilt es abzuwägen. Seit über 20 Jahren ist der Stadtrat ohne SVP Mitglied. Warum ist jetzt die Zeit reif dafür? Die Zeit ist schon länger reif dafür. Jetzt definitiv! Es hat seit längerem keine den Wähleranteil reflektierende liberal bürgerliche Regierung mehr im Stadtrat. 40 bis 45 Prozent der Bürger in der Stadt wählen nach wie vor bürgerlich liberal. Es gibt immer mehr laute Stimmen, weil Missstände aufgedeckt werden. Momentan geht es der Stadt gut. Doch wohin geht es? Verkehr, der nicht mehr fliesst oder einseitig beschränkt wird, ideologische Beschränkungen, die nur Schikanen sind, der Finanzhaushalt, das Defizit oder die Sicherheit. Gerade im Kreis 4/5 soll eine Frau abends nachhause gehen können und keine Angst haben müssen, in eine nicht bewilligte Demonstration zu laufen oder Opfer eines Raubüberfalles zu werden. Gerade die Zahl von Raubüberfällen und Diebstählen, bewilligten und nicht bewilligten Demonstrationen sowie Häuserbesetzungen haben seit 2011 um fast einen Drittel zugenommen. Sie haben das Gefühl mit einem SVP Stadtrat ändert sich etwas in den nächsten Jahren? Ja. Wie es weitergeht mit der Stadt, wird grösstenteils auch im Stadtrat entschieden. Das Volk hat seine Anliegen. Es braucht eine valable Vertretung in der Stadt, die diese Anliegen aufnimmt und vertritt. Ich wäre eine solche Vertretung. Was qualifiziert Sie für den Stadtrat? Die junge engagierte Stadtbevölkerung sollte repräsentiert werden. Einige im Stadtrat gehen in Richtung Pension. Ich repräsentiere ebenso Gewerbler, junge KMUs, gut ausgebildete Familien, von denen viele in die Agglomeration abgewandert sind, weil es ihnen zu mühsam wurde. Ich bringe versicherungsrechtliche, strafrechtliche und juristische Erfahrungen, kenne die Funktionsweise des Verwaltungsapparates, habe Führungs- und Projekterfahrung. Politisch kann ich aus dem Vollen schöpfen. Als Mitglieder einer politischen Familie, Vorstand und Delegierte der SVP Kreis 7/8. Und ich habe Herzblut und Einsatzwillen. Sie wollen eine „bürgernahe und offene pragmatische Politik“ betreiben. Ist der heutige Stadtrat nicht bürgernahe? Jein. Ich finde, dass der Stadtrat immer wieder auch dogmatische oder ideologische gesinnte Entscheidet fällt. Gerade im Verkehr nehmen Schikanen oder Beschränkungen zu, der Hafenkran, an dem vehement gegen den Volkswillen festgehalten wird, ein Projekt, bei dem man auf Verkehrsinseln Gemüse angepflanzt hätte oder das Velocafé in der Veloverbotszone. Einzelne kleine Beispiele, die aufzeigen, dass nicht alles durchdacht wird, sondern dogmatisch borniert daher kommt. Wieso verstehen gerade Sie den Bürger? Ich bin draussen. Es ist mir wichtig, dass ich den Puls so aufnehmen kann. Durch mein grosses Netzwerk, berufliche, privat, politisch aus allen Schichten und allen Altersgruppen, kann ich den Puls aufnehmen. Das ist auch bei diversen Standaktionen, Veranstaltungen möglich. Dadurch höre ich viel. Seit meiner Kandidatur kommen Leute und formulieren mir Ihre Anliegen. Man ist natürlich sofort eine Anlaufstelle. Werden Sie finanziell unterstützt? Man muss gewisse Kosten selber in die Hand nehmen. Aber es gibt auch Unterstützung von der Seite der Partei. Von wie viel Geld reden wir? Das kann ich nicht einmal sagen, auch wenn ich es wollte. Das ist erst in der Entwicklung. Viele Kosten trägt man selber. Man muss raus auf die Strasse und das kostet nichts. Doch sicher gibt es auch Unterstützung. Anders ginge das gar nicht. Gerade für einen Stadtrat. Stimmen sagen, Sie nutzen diese Stadtratskandidatur als Werbetrick, damit Sie in den Gemeinderat kommen? Es ist ein riesiges Engagement, auf das man bei einer Stadtratskandidatur eingeht. Man ist exponierter, als bei der Gemeinderatskandidatur. Es wäre eine sehr teure Werbeplattform. Auch der Einsatz ist viel grösser. Das alles neben meinem Fulltimejob. Für mich ist es eine sehr wertvolle Erfahrung. Sicher bestehen zwischen dem Gemeinde- und Stadtrat Synergien, die sich nicht gegenseitig ausschliessen. Der Einsatz wäre sehr hoch, die Stadtratskandidatur als Plattform zu missbrauchen. Ich glaube an meine Stadtratskandidatur. Sie fordern vermehrte Polizeipräsenz. Was meinen Sie damit? Die Polizei ist zwar präsent. Die Frage ist, für was und wie. Da könnten wahrscheinlich viele Leute ein Liedchen singen, wie gerade im Verkehrsbussenwesen die Polizei sehr präsent sein kann. Aber wenn es um die eigentliche Sicherheit geht, um den Schutz von Leib und Leben oder von Eigentum, bei unbewilligten Demonstrationen oder Häuserbesetzungen, geht leider die jetzige Stadtregierung zu wohlwollend vor. Wir haben ein Vermummungsverbot und es wird nicht konsequent geahndet. Diese Leute sollen verhaftet werden. Wenn man nicht hinter einer Sache stehen kann, dann soll man auch nicht fremdes Eigentum beschädigen oder unschuldige Leute attackieren. Da bräuchte es Polizeipräsents. Es hat zwar schon eine Verbesserung stattgefunden, aber noch nicht ausreichend. Vor ein, zwei Jahren, wenn die Polizei irgendwo eingegriffen hat, weil es schlicht weg einfach ausgeartet ist, hat es im Nachhinein geheissen, die Verhältnismässigkeit sei nicht gewahrt worden. Das finde ich nicht richtig, wenn die Polizei danach attackiert wird, die eigentlich richtig gehandelt hat. Wie bewerten Sie die Arbeit des aktuellen Polizeivorstehers Richard Wolff? Ich will jetzt meine möglicherweise zukünftigen Amtskollegen nicht zu fest kritisieren, aber gerade bei Hausbesetzungen legt Herr Wolff eine zu grosse Toleranz an den Tag. Auch ganz allgemein, finde ich es nicht richtig, dass man sich tolerant gibt gegenüber einem Angriff auf fremdes Eigentum oder Gefährdung von Leib und Leben. Wieso soll der Bürger für die Familieninitiative stimmen? Man kann die Kinderbetreuung nicht einseitig fördern wie heute. Gerade ich, als gutausgebildete Frau, sollte die Ansicht vertreten, nur Abzüge machen zu können, wenn man auch berufstätig ist. Aber ich finde es wichtig, dass man egalitär wirkt und sagt, dass alle diese Abzüge machen können, auch jene, die Hausfrauen sind. Sie sollen nicht benachteiligt werden gegenüber den vollarbeitstätigen Familien. Jedes Modell soll gleich gefördert werden. Jede Familie muss für sich selbst entscheiden können. So hat man Gleiches und Gleiches, egal welches Modell man wählt. Egal, wie oft man Zuhause ist oder wie viel man arbeitet, man hat so die gleichen Möglichkeiten. Beim Tages Anzeiger Artikel über die Initiative hat jemand folgendes kommentiert: «Wenn das Ganze zum Stimmen kommen soll, müsste man eigentlich auch einen Eigenlohnwert einführen. Das heisst, einen fiktiven Hausfrauenlohn besteuern. Dadurch erst kann man die fiktiven Betreuungskosten plausibilisieren und abzugsfähig machen.» Was würden Sie diesem Herrn antworten? Jeder kann hier auch unbedarfte, spontane Kommentare reinschreiben. Nicht jeden kann man ernst nehmen. Das Argument eines Eigenlohnwertes habe ich schon gehört. Man müsste jegliche Kosten abziehen können und einen fiktiven Hausfrauenlohn besteuern. Ich teile diese Ansicht nicht. Es ist richtig, dass man die Kosten, ob man die Kinder Zuhause betreut oder in einer Krippe, abziehen kann. Auch ist klar festgelegt, in welchem Rahmen. Man kann das ja nicht gleichsetzen mit Geschirrspül- oder Wascharbeiten. Äpfel mit Birnen kann man nicht vergleichen. Unsere Partei vertritt einen guten Ansatz und man sieht in der Bevölkerung die hohe Zustimmung. Man müsste noch an anderen Punkten arbeiten. Zum Beispiel die Heiratsstrafe abschaffen. Doppelverdiener sollte man steuerlich nicht benachteiligt werden. Die Familieninitiative ist ein erster Anreiz in die richtige Richtung. Schawinski hat mit ihrem Vater über den Ablöseprozess zwischen den Generationen innerhalb der Partei gesprochen. Sie haben selber erwähnt, dass sie junges Blut reinbringen wollen. Ist Herr Blocher wegen seines zunehmenden Alters ein Auslaufmodel? Das darf man so nicht sagen. Man sieht, was Herr Blocher für diese Partei alles macht. Ich bewundere diesen Menschen sehr. Er ist nicht nur ein guter Rhetoriker, sondern er hat diese Partei auch aufgebaut und zu dem gemacht, was sie jetzt ist. Es ist so, übrigens innerhalb aller Parteien, es braucht einen Generationenwechsel. Es ist ein grosses Anliegen, dass wir auf diesen Zug aufspringen können und keine Lücke entsteht. Platz machen für eine neue, modernere Denkweise. Viele Leute denken inhaltlich bürgerlich liberal, aber dieses Aushängeschild «SVP» ist nicht nur förderlich. Ich war früher zum Teil selber so. Habe ich das Logo gesehen, hat es mich eher abgeschreckt, obwohl ich teilweise von der Thematik her voll und ganz dahinter hätte stehen können. Bei Standaktionen stelle ich das fest. Wenn die Leute nicht wissen, welche Partei hinter dem Stand steht, findet sich Zustimmung. Kommt dann die SVP-Sonne hervor, laufen sie davon oder haben das Gefühl, es könne nichts Gutes sein. Sie haben alte Bilder der SVP im Kopf. Braucht die SVP eine Image-Kampagne? Man ist dran, aber eine Image-Kampagne braucht es nicht. Es geht uns nach wie vor sehr gut. Es findet innerhalb der Partei ein Generationenwechsel und Umdenken statt. Bei gewissen Kampagnen sieht man es auch. Vom Schwarz-Weissen ist man ein wenig weg gekommen. Das haben eher die Gegner übernommen, beispielsweise eine SP. Unsere Plakatierungen kommen je nach Sachthema moderater daher als auch schon. Ein gewisses Schwarz-Weiss braucht es, sonst hören die Leute nicht zu. Manchmal muss man zuspitzen. Es wird ein Imagewechsel stattfinden. Die Veteranen in unserer Partei stehen dem grundsätzlich auch sehr positiv gegenüber, was auch sehr wichtig ist.]]>