Neue Zürcher Zeitung, 19.4.18

Mit einer Initiative fordern SVP, FDP und CVP im Kantonsrat, dass bei Hausbesetzungen die Polizei konsequent räumt. Sie richtet sich direkt gegen die Praxis der Zürcher Stadtpolizei.

Stadtzürcher Hausbesitzer, die die Besetzung ihrer Liegenschaften anzeigen, können nicht immer mit einem Eingreifen der Polizei rechnen. Diese schreitet nur zur Räumung, wenn der Inhaber eine Baubewilligung vorlegt oder eine Nutzung unmittelbar nach der Räumung nachweist. Die Regelung zielt darauf ab, Wiederbesetzungen und Katz-und-Maus-Spiele zwischen Polizei und Besetzern zu vermeiden. Die Praxis gilt seit über zwei Jahrzehnten und ist politisch unbestritten. Im Gemeinderat ist sie weniger denn je ein Thema. Im bürgerlich dominierten Kantonsrat sieht es anders aus. Dort hat Nina Fehr Düsel (svp., Küsnacht) eine parlamentarische Initiative lanciert. Demnach soll eine ausstehende Baubewilligung oder eine fehlende Neunutzung kein Räumungshindernis mehr sein.

Regierungsrat dagegen

Das dürfte manchem bekannt vorkommen. Fehr Düsel hat den entsprechenden Vorstoss mit zum Teil gleichem Wortlaut vor eineinhalb Jahren schon einmal lanciert, damals in Form einer Motion. Der Regierungsrat empfahl den Kantonsräten allerdings die Ablehnung. Im Polizeirecht finde sich «keine einzige Bestimmung, welche die Einhaltung einer bestimmten Frist vorschreibt». Dies sei bei polizeitaktischem Handeln grundsätzlich nicht sinnvoll. Über die damalige Motion hat der Kantonsrat aber nie abgestimmt. Seine Traktandierung sei immer wieder verschoben worden, sagt Fehr Düsel. Einen neuen Anlauf nimmt sie aus zwei Gründen: Erstens unterstützt nun neben der FDP auch die CVP das Ansinnen. Eine Mehrheit im Rat zeichne sich ab, sagt sie. Zweitens hat sie den Wortlaut leicht abgeschwächt. Die Frist, innert deren geräumt werden soll, beträgt nun 72 statt 48 Stunden. Neu ist auch der Passus «unter Wahrung der Verhältnismässigkeit und Sicherheit». Fehr Düsel erklärt die Anpassungen mit Gesprächen, die sie inzwischen mit Polizisten geführt habe. 72 statt 48 Stunden fordert sie für den Fall, dass eine Besetzung übers Wochenende erfolge. Und in Fällen, wo gewaltsamer Widerstand gegen eine Räumung zu erwarten ist, will sie der Polizei Spielraum gewähren. Ihre beiden Vorstösse sollen im Kantonsrat gemeinsam behandelt werden.

Leidende Anwohner

Das Problem sei nach wie vor gross, sagt Fehr Düsel. Die tolerante Stadtzürcher Regelung habe sich nicht bewährt. Sie habe mit vielen Anwohnern gesprochen, die unter Lärm, Chaos und Ausschreitungen litten. Wenn die Polizei klare Zeichen setze, gingen mit der Zeit auch die Wiederbesetzungen zurück. Bei der Stadt Zürich hört man das pure Gegenteil: Die Regelung funktioniere problemlos, sagt Mathias Ninck, Sprecher des Sicherheitsdepartements. Die Initiative richtet sich einzig gegen die Praxis der Stadtpolizei Zürich. Auf dem übrigen Kantonsgebiet beendet die Kantonspolizei Räumungen für gewöhnlich innert Tagen. Von einem Eingriff in die Gemeindeautonomie könne man aber nicht sprechen, sagt Fehr Düsel. Es gehe um ein Zeichen, das der Kanton setze. Und um Unterstützung, die er anbiete.
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