Zürichsee-Zeitung, 22. Oktober 2019

Vor allem die Spitzenkandidaten aus der Region erzielten gute Resultate.

Der beliebteste Politiker am linken Seeufer ist einer von der anderen Seeseite. Und die Stimmberechtigten am rechten Seeufer wählten am häufigsten einen aus der Stadt Zürich. Herrscht am Zürichsee also verkehrte Welt? Nein. Auch wenn die jeweiligen Spitzenreiter – im Bezirk Horgen war es Roger Köppel (Küsnacht, SVP) und im Bezirk Meilen Gregor Rutz (Zürich, SVP) – anderswo wohnen, spielte die regionale Verwurzelung der Kandidaten eine starke Rolle bei den Nationalratswahlen. Dies zeigt eine Analyse der Wahlergebnisse.

Im Bezirk Meilen ist dies etwas offensichtlicher als im Bezirk Horgen. Von den sieben am häufigsten gewählten Politikern haben nämlich gleich fünf Wurzeln am Zürichsee. Das gilt auch für Spitzenreiter Gregor Rutz, der in Zürich wohnt, aber ursprünglich aus Zollikon stammt. Hinter ihm folgen seine Parteikollegen Roger Köppel (Küsnacht) und Thomas Matter (Meilen) sowie als erster Freisinniger Beat Walti (Zollikon). SVP-Politikerin Nina Fehr Düsel (Küsnacht) belegt zumindest Rang 7, gewählt worden ist sie aber nicht.

Patriotische Wädenswiler

Im Bezirk Horgen schafften es nur SVP-Kandidaten auf die vorderen Ränge. Das hat ähnlich wie in Meilen damit zu tun, dass die SVP trotz Verlusten nach wie vor die wählerstärkste Partei am Zürichsee ist. Der bestplatzierte Politiker ohne SVP-Parteibuch ist im Bezirk Horgen erst an 31. Stelle zu finden. Es ist der Rüe schliker Freisinnige Hans-Peter Portmann. Ein beachtliches Ergebnis erzielte zudem die nicht gewählte Astrid Furrer (FDP), die sich nur wenig hinter Portmann klassierte. Die Wädenswiler Stadt- und Kantonsrätin schaffte am linken Seeufer sogar den Sprung vom zwölften auf den zweiten Listenplatz. Besonders in ihrer Wohngemeinde schnitt sie gut ab. Einer liess in Wädenswil allerdings alle hinter sich: der amtierende Stadtpräsident und Nationalrat Philipp Kutter (CVP). Er verwies gar Roger Köppel auf den zweiten Platz. 40 Prozent aller Stimmen aus dem Bezirk Horgen holte Kutter in seiner Wohngemeinde. Im Umkehrschluss heisst dies, dass die lokale Verankerung sehr kleinräumig ist: Bereits in den Nachbargemeinden Horgen und Richterswil war das Interesse am CVP-Mann und an seiner Partei relativ gering.

Ein Heimspiel hatte im Bezirk Horgen auch die neu gewählte Grünliberale Judith Bellaiche. Sie kam zwar auf der GLP-Liste nicht an den Polit-Schwergewichten Tiana Angelina Moser und Martin Bäumle vorbei, sie landete aber auf Platz 3. In ihrer Wohngemeinde Kilchberg hätte es die amtierende Kantonsrätin sogar fast zur beliebtesten Grünliberalen geschafft: Sie verlor nur drei Stimmen auf Moser.

Köppel in Küsnacht nicht top

Das Phänomen, dass Kandidaten besonders in ihrer Wohngemeinde gut abschneiden, zeigt sich auch am rechten Seeufer. Beat Walti holte in Zollikon sowie in den umliegenden FDP-Hochburgen Zumikon, Küsnacht und Erlenbach das beste Resultat aller Kandidierenden. Thomas Matter war in seinem Wohnort Meilen sowie im Nachbarort Uetikon der meistgewählte Politiker. Hingegen erreichte der am Zürichsee so erfolgreiche Roger Köppel ausgerechnet in seinem Wohnort Küsnacht nur das viertbeste Ergebnis.

Lokale Verankerung ist also wichtig, aber nicht das einzige Kriterium. Deutlich wird dies auch bei der SP und den Grünen. Ihre Basis in den Bezirken Meilen und Horgen setzte auf die jeweiligen Spitzenkandidaten für den Nationalrat, von denen keiner vom Zürichsee stammt. Anders verhielt es sich bei der Ständeratswahl: SP-Politiker Daniel Jositsch erzielte in seiner Wohngemeinde Stäfa ein Glanzresultat.