Zürichsee-Zeitung, 03. September 2020

Die Kantonsräte Nina Fehr Düsel (SVP) und Thomas Forrer (Grüne) legten in einem Podium ihre Argumente für und gegen die Begrenzungsinitiative dar.

Fast wurde es eng mit den 40 Anwesenden im Foyer der Küsnachter Heslihalle. Ein paar Stühle sind am Podium, das am Mittwochabend von der SVP Küsnacht organisiert wurde, dann aber doch noch frei geblieben. «Es wird eng» – dies prophezeiten auch die Plakate, die an den Wänden hingen. Sie werben für die Volksinitiative «Für eine massvolle Zuwanderung», auch Begrenzungsinitiative genannt, über die das Schweizer Stimmvolk am 27. September abstimmt. Die Initiative der SVP verlangt das Ende der Personenfreizügigkeit mit der EU. So will die Partei die «Massenzuwanderung» stoppen.

Die Küsnachter SVP-Kantonsrätin Nina Fehr Düsel trat als Befürworterin der Initiative auf. Thomas Forrer, Erlenbacher und Präsident der Grünen im Bezirk Meilen, vertrat die Gegner. Manuela Moser, Redaktionsleiterin des «Küsnachters», moderierte das Gespräch.

«Anti SVP-Reflex»

Vieles drehte sich an dem Abend um Zahlen. Ein Szenario, das genannt wurde, war das der 10-Millionen-Schweiz. Gehe die Zuwanderung so weiter wie bisher, werde die Schweiz bald so viele Einwohner haben, befürchtet die SVP. So wurde Forrer gefragt, ob er denn gern in einer 10-Millionen-Schweiz leben würde. Wie die SVP auf diese Zahl komme, fragte er. Derzeit würden pro Jahr etwa 30’000 Personen zuwandern. So dauere es noch mindestens 35 Jahre, bis die Schweiz 10 Millionen Einwohner habe. «Diese 30’000 sind falsch», konterte Fehr Düsel. «Tatsächlich sind es über 50’000 Personen, die jedes Jahr in die Schweiz kommen.» Die 10-Millionen-Schweiz werde bereits in zwölf Jahren Realität sein.

Nicht nur bei den Zahlen war man sich uneinig. Auch die Auswirkungen einer Kündigung der Personenfreizügigkeit mit der EU war umstritten. «Wenn wir Fachkräfte in gewissen Bereichen brauchen, können wir diese auch ohne Personenfreizügigkeit holen», sagte Fehr Düsel. Dies sah Forrer anders: «Mit der Personenfreizügigkeit kündigen wir vieles. Der Handel mit der EU würde leiden.» Und Fachkräfte könne man nicht einfach je nach Bedarf und branchenspezifisch anheuern.

Auch der Umwelt zuliebe?

«Handelt es sich also um eine Anti-Ausländer-Initiative?», wollte Moderatorin Moser von Fehr Düsel wissen. «Rassismus wird der SVP immer wieder vorgeworfen», antwortete diese. «Das ist der Anti-SVP-Reflex.» Vielmehr gehe es ihrer Partei um die Erhaltung der Schweiz und somit auch um die Umwelt: «Mit der Zuwanderung kann die Schweiz ihre Klimaziele nicht erreichen», sagte sie. Dass ihr die Umwelt am Herzen liegt, nahm Forrer ihr nicht ab: «Weshalb befürwortete die SVP nicht die Kulturlandinitiative, welche wir Grüne einst lanciert hatten?» Auch bei der Umsetzung der Zweitwohnungsinitiative sei von der SVP keine Unterstützung gekommen.

Der SVP geht es mit der Begrenzungsinitiative laut Fehr Düsel auch um den Schutz von Schweizer Arbeitnehmern: «Bei Stellenausschreibungen wird häufig billigeren Ausländern der Vorrang gegeben.» Dass die Initiative Dumpinglöhne im Visier habe, finde er positiv, sagte Forrer. Doch auch dieses Anliegen nimmt er der SVP nicht ab. «Sie hat sich in der Vergangenheit nie für gerechtere Löhne eingesetzt.»

Befürworter in der MehrheitFehr Düsel und Forrer stellten sich auch Fragen aus dem Publikum. Ein Herr nannte weniger Jobs und höhere Mieten als Folge der Zuwanderung und fragte Forrer, ob er dies nicht als Problem betrachte. «Man darf nicht alles mit der Zuwanderung in Verbindung bringen», antwortete Forrer. «Steigende Mieten sind auf mehr Faktoren als nur die Zuwanderung zurückzuführen.»

Wie sich zeigte, sassen im Publikum mehrheitlich Befürworter der Initiative, denn die meisten kritischen Fragen richteten sich an Forrer. Nach mehreren Anläufen fand sich schliesslich ein Herr, der Fehr Düsel eine ein bisschen kritische Frage stellte: «Wie wollen Sie bei einer Annahme der Initiative die Kontingente an Zuwanderern bestimmen?», wollte er wissen. «Die Wirtschaft ist ständig im Austausch mit der Regierung», antwortete die SVP-Kantonsrätin. So könne man schauen, wo Mitarbeiter fehlten, sagte Fehr Düsel und fügte an: «Das machen viele andere Länder auch so.»