Zürcher Bote, 07.05.21

Kommentatoren fast aller politischen Schattierungen, namentlich von rechts, jubeln über das neueste Buch «Die Selbstgerechten» von Sahra Wagenknecht – Bundestagsabgeordnete und ehemalige Parteivorsitzende der «Linken» – als würde sie das Evangelium verkünden.

«Endlich hält eine Linke, die auf dem Boden geblieben ist, den Lifestyle-Linken den Spiegel vor», lassen sie verlauten. Die gutverdienenden Salon-Linken orientierten sich nicht mehr an den Problemen der «kleinen Leute» – wie ungebremste Zuwanderung, Lohndruck, Arbeitsplatzverlust, soziale Unsicherheit und politischer Islam. Vielmehr fixierten sie sich auf korrekte Gendersprache, auf Quoten und «Diversity», sie würden die Moralkeule schwingen und den Kampf gegen Symbole und gegen Statuen statt gegen die wahren Probleme führen. Darum, so Wagenknecht, habe es die Linke schwer, Wählerinnen und Wähler zu überzeugen.

Hüben wie drüben lebensfremde Umverteilungspolitik

Mit dieser Beurteilung trifft Frau Wagenknecht zweifellos ins Schwarze, und ihre Aussagen gelten weitgehend auch für die schweizerische Sozialdemokratie. Die lebensfremde leistungs- und eigentumsfeindliche Umverteilungspolitik der SP-Führungscrew, welche die Probleme der «kleinen Leute» nur vom Hörensagen kennt und vom Hörsaal in der Regel direkt in den Ratssaal gekommen ist, lässt grüssen. Allerdings sollten sich auch die Wagenknecht-Bewunderer kritisch hinterfragen. Denn die Vielgerühmte ist und bleibt eine stramme Linke, welche mit gekonnter Publicity weiterhin, wenn auch mit gewissen Retouchen, den Sozialismus predigt und Staatsmonopolen das Wort redet. Der reale Sozialismus ist bekanntlich gescheitert, weil er letztlich am Wesen des Menschen vorbeigeht.