Die Schweiz drückt bei der Deklaration von Pelzwaren beide Augen zu. Eine Zürcher Initiative will das ändern – und sie kommt aus ungewohntem Lager.
Stellen Sie sich vor, Sie nehmen im Supermarkt eine Packung Eier aus dem Regal, und als Deklaration steht da: «Herkunft unbekannt.» Oder sie kaufen ein Schweinssteak, auf dessen Verpackung steht: «Aus in der Schweiz nicht zugelassener Käfighaltung mit Gitterböden.»
Was bei den tierischen Produkten, die wir täglich konsumieren, völlig abwegig klingt, ist in der Pelzindustrie Standard. Die Herkunft der in der Schweiz verkauften Pelze wird gar nicht oder nur sehr vage ausgewiesen, obwohl es seit 2014 eine Deklarationspflicht gibt. Diese schreibt vor, dass angegeben werden muss, woher der Pelz stammt und wie das Tier gehalten wurde. Zum Beispiel müsste auf dem Etikett stehen, dass es sich um einen Wildfang «aus in der Schweiz nicht zugelassener Fallenjagd» oder um ein Zuchttier «aus in der Schweiz nicht zugelassener Käfighaltung mit Gitterböden» handelt. Theoretisch.
Denn wenn die Herkunft des Fells nachweislich keinem geografischen Raum zugeordnet werden kann (zum Beispiel wenn der Pelz aus alten Beständen stammt oder die Lieferkette nicht bis zum Erstproduzenten nachvollziehbar ist), reicht auch ein einfaches «Herkunft unbekannt». Doch auch das ist wohl zu viel für die Pelzproduzenten: Kontrollen des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen im Jahr 2020 haben gezeigt, dass knapp 80 Prozent der Deklarationen ungenügend sind.
«Früher trugen wir Pelzmäntel, heute tragen wir Fellschwänze an den Kapuzen. Die Funktion, warm zu geben, hat der Pelz verloren», sagte Sandra Bossert (SVP, Wädenswil) am Montag im Kantonsrat. Zusammen mit ihrer Parteikollegin Nina Fehr Düsel (SVP, Küsnacht) hat Bossert darum vor zehn Monaten eine Initiative eingereicht, die den Import von Echtpelz aus tierquälerischen ausländischen Zuchten oder Wildfang verbieten soll.
Ein solches Verbot ist laut Bossert auch mit den internationalen Handelsverpflichtungen der Schweiz vereinbar, da bereits ein Importverbot für Hund- und Katzenfelle wie auch für Robbenprodukte besteht. «Wir haben in der Schweiz einen der höchsten Tierschutzstandards der Welt. Gleichzeitig schauen aber alle weg, wenn wir tierquälerische Accessoires importieren», sagt die Landwirtin Bossert. «Oder würde gerne jemand das Fell von seiner Katze oder seinem Hund an einem Kragen hängen sehen?»
SVP und Tierschutz?
Die parlamentarische Initiative von Bossert und Fehr Düsel folgte auf eine Motion von SP-Nationalrat Matthias Aebischer. Diese wurde noch nicht im Rat behandelt, jedoch hat sich der Bundesrat bereits mehrfach gegen ein Importverbot von Echtpelz ausgesprochen. «Die Deklarationspflicht für Pelzprodukte soll den Konsumentinnen und Konsumenten einen fundierten Kaufentscheid ermöglichen und dadurch Import und Verkauf von Pelzprodukten, bei deren Gewinnung dem Tierschutz unzureichend Rechnung getragen wurde, senken. Ein Importverbot stünde im Widerspruch zu diesem Ansatz», schreibt der Bundesrat in seiner Antwort auf die Motion.
Das Engagement der beiden lokalen SVP-Kantonsrätinnen überrascht nicht zuletzt, weil ihre Partei bisher auf nationaler Ebene ein solches Verbot bekämpft hat. Dies war auch für einige Kantonsrätinnen und Kantonsräte der Grund, die Initiative am Montag abzulehnen.
Während die AL zuerst nicht wirklich an die tierschützerischen Absichten der SVP glaubte, zweifelte die SP an dem von der SVP gewählten Weg der parlamentarischen Initiative. «Wird die Initiative unterstützt, geht sie in eine unserer Kommissionen, dann an den Regierungsrat, dann wieder in die Kommissionen und dann wieder zurück in den Kantonsrat. Das ist eine sehr umständliche Form», sagt Stefan Feldmann (SP, Uster). Es wäre für die beiden Zürcher SVP-Frauen ein Leichtes, ihre Parteimitglieder im Bundeshaus zu einem Vorstoss zu bewegen, so der SP-Mann. GLP und Mitte kritisierten das Gleiche.
Natürlich, so Mitunterzeichnerin Fehr Düsel, hätten sie ihre Fraktion in Bern kontaktiert. Doch müsse Zürich unabhängig davon ein Zeichen setzen. «Wir sind der bevölkerungsreichste Kanton. Bei uns ist viel Geld vorhanden. An der Bahnhofstrasse sieht man sehr viele solche Pelze. Wir haben hier eine Vorbildfunktion.»
Dies sah ein Teil des Kantonsrates gleich und hat mit 101 Ja-Stimmen die Initiative vorläufig unterstützt. Ebenfalls unterstützt hat der Kantonsrat eine parlamentarische Initiative von SP, GLP, Grünen, EVP und AL. Diese will, dass der Kanton Zürich im Bereich der Transparenz der Politikfinanzierung eigene Regeln erlässt und nicht auf eine Lösung des Bundes wartet.