Der Teststopp löst unterschiedliche Reaktionen aus. Omikron habe die Spielregeln verändert, argumentiert die Zürcher Gesundheitsdirektion.
Jetzt also doch: Nachdem vor einer Woche Winterthur die Pool-Tests gestoppt hat, zieht nun der gesamte Kanton nach. Wie die Zürcher Gesundheitsdirektion am Dienstagnachmittag mitgeteilt hat, ist das Testsystem wegen der sehr hohen Fallzahlen überlastet.
Da die Schulen zudem mit Abstand den grössten Anteil des Volumens an repetitiven Tests im Kanton Zürich ausmachen, hat die Gesundheitsdirektion nach Rücksprache mit der Bildungsdirektion beschlossen, das repetitive Testen in Schulen ab Samstag, 29. Januar, vorerst bis zum 27. Februar einzustellen. Erst letzte Woche hatte zum Beispiel die Stadt Zürich auf Anfrage der NZZ noch mitgeteilt, dass man die Tests weiterführen wolle.
Verständnis, ja Erleichterung verspüren viele Schulleitungen im Kanton. «Stand heute ist das ein richtiger Entscheid», sagt Sarah Knüsel, Präsidentin des Verbands der Schulleiterinnen und Schulleiter des Kantons Zürich (VSLZH). Die Wartezeiten für die Testresultate seien in letzter Zeit unberechenbar gewesen, der riesige administrative Aufwand für das Testen kaum mehr zu rechtfertigen. «Viele Schulen mussten gleich lange auf die Resultate warten, wie eine Quarantäne gedauert hätte.» Wer auf regelmässiges Testen angewiesen sei, fahre mit privaten Tests wohl besser und schneller.
Zeitspanne wurde zu gross
So sieht das auch die Gesundheitsdirektion. Denn durch die längeren Wartezeiten bei den anschliessenden PCR-Tests sei die Zeitspanne zwischen Pool- und Einzeltests einfach zu gross geworden. Eine Ansteckungskette habe nicht mehr verhindert werden können, und die Tests hätten ihren Nutzen verloren.
Lange Zeit sei das repetitive Testen aber eine wichtige Massnahme gewesen, um Infektionen insbesondere bei asymptomatischen Personen frühzeitig zu erkennen, Ansteckungsketten zu unterbrechen und dadurch letztlich Ausbrüche zu verhindern, schreibt die Gesundheitsdirektion weiter.
Auch deshalb sollen bestimmte Bildungseinrichtungen im Kanton weiterhin regelmässig testen können, und so wurden mit der Bildungsdirektion Ausnahmeregelungen für Orte definiert, an denen die regulären Schutzmassnahmen nicht konsequent eingehalten werden können.
Sonderschulen, Heime und Kindergärten, die bereits heute repetitiv testen, könnten das Angebot weiter in Anspruch nehmen. Dies gelte wegen der 3-G-Regel auch für Hochschulen und Schulen der Tertiärstufe B, da dort ein negatives Testergebnis Voraussetzung für die Teilnahme am Unterricht sein könne.
Tests bringen «Sicherheit» und «Ruhe»
Doch nicht alle sind glücklich mit dem Kurswechsel. Christian Hugi, Präsident des Zürcher Lehrerinnen- und Lehrerverbands (ZLV), findet es schade, dass der Kanton die repetitiven Tests sistiert. «Sie haben eine zusätzliche Sicherheit gegeben und eine gewisse Ruhe in die Schulen gebracht», sagt Hugi. Viele Eltern, Kinder und Lehrpersonen hätten die Tests geschätzt.
Für die Schulleiter sei der Aufwand zwar gross gewesen. In den Klassenzimmern habe sich aber bald eine gewisse Routine eingespielt. In der Regel habe ein Testdurchlauf nicht länger als zehn Minuten gedauert, sagt Hugi. «Jeden Tag mehrmals die Hände waschen nimmt mehr Zeit in Anspruch als das Testen einmal in der Woche.»
Auch Nina Fehr Düsel spricht sich für das Testen aus. Die SVP-Kantonsrätin hat sich in der Vergangenheit zwar für die Abschaffung der Maskenpflicht an Zürcher Schulen eingesetzt. Das repetitive Testen fand sie aber stets sinnvoll: «Es ist die Massnahme, welche die Kinder am wenigsten einschränkt», sagt Fehr Düsel. «Ich hätte es grundsätzlich begrüsst, wenn sie noch einige Wochen weitergeführt worden wäre.»
Allerdings habe auch sie von einigen Bezirken gehört, in denen die Schulen mehrere Tage auf die Auswertung der Tests hätten warten müssen. Dann habe der ganze Aufwand keinen Sinn, sagt sie.
Dass es nun keine repetitiven Tests mehr gibt an den Zürcher Schulen, beunruhigt Fehr Düsel aber nicht. Alle Erwachsenen, die wollten, seien geimpft – und bei den Kindern verlaufe eine Ansteckung ohnehin meist völlig harmlos und ohne Symptome.
Andere Kantone haben bereits früher gestoppt
Zürich ist nicht der erste Kanton, der das repetitive Testen einstellt. Auch St. Gallen hat dies am Dienstagvormittag per Ende Januar beschlossen. Seit einigen Wochen gilt dieser Entschluss zudem in den Kantonen Graubünden, Schaffhausen und Aargau.
Dass es nun in Zürich zu diesem Entscheid gekommen sei, liege auch daran, dass Omikron die Spielregeln verändert habe, sagt Patrick Borer, Mediensprecher der Zürcher Gesundheitsdirektion. Man habe die Situation neu beurteilen müssen, und Aufwand und Ertrag hätten am Schluss nicht mehr übereingestimmt.
Nun stellt sich die Frage, wie es für die Schulen weitergeht: Womöglich können sie auf eigene Faust ihre Schüler weiterhin testen, jedoch nicht mehr über die zentralisierte und vom Bund finanzierte Lösung der Hirslanden-Gruppe. Denn diese wird bis zum 27. Februar für Schulen sistiert.
«Die Gesundheitsdirektion hat diesen Entscheid nach Rücksprache mit der Bildungsdirektion getroffen», fügt Borer an. Sollten nun einzelne Schulen weitermachen, würde die Massnahme mit der Sistierung, welche das System letztlich entlasten und Kapazitäten für die Testung von symptomatischen Personen aufrechterhalten soll, ihren Zweck nicht mehr erfüllen. «Wir gehen aber davon aus, dass der Entscheid mitgetragen wird.»