Limmattaler-Zeitung, 02. Mai 2022

Die Parteien sind sich einig: Umwelt-Vermüllung ist ein Problem. Doch eine SVP-Lösung blieb im Zürcher Kantonsrat ohne Chance. Sie forderte kantonsweit Bussen von mindestens 200 Franken. Andere Kantone gehen weiter.

Sei es an den Ufern der Limmat, des Zürichsees oder an anderen lauschigen Plätzen: Mit den warmen Frühlingstagen häufen sich auch wieder die Abfälle im öffentlichen Raum. Sie zeugen von nächtlichen Partys oder Mittagspausen an der frischen Luft. Manche Gemeinden haben deshalb Bussen für Abfallsünder eingeführt; in Zürich betragen diese beispielsweise 80 Franken. Die SVP wollte nun zwei Schritte weitergehen: Sie forderte kantonsweit eine Busse von mindestens 200 Franken für Abfallsünder. Mit einem weiteren Kantonsratvorstoss wollte sie gesetzlich festschreiben, dass die Gemeinden «effektive Massnahmen» ergreifen, damit Güselgrüsel erwischt und ihre Taten geahndet werden können.

«Littering nimmt wegen der 24-Stunden-Gesellschaft zu», sagte Nina Fehr Düsel (SVP, Küsnacht). Durch die Coronapandemie habe sich das Problem noch verschärft, da sich die Leute vermehrt im Freien aufhielten. Sie zeigte sich überzeugt: «Eine höhere Busse wirkt abschreckend.» Zudem gelte es, Nachtpatrouillen zu verstärken. Allenfalls seien dafür auch Gelder aus dem kantonalen Naturschutzfonds einzusetzen.

«Die Schweiz war früher ein sauberes Land. Jetzt ist es eine Abfallhalde», doppelte Maria Rita Marty (SVP, Volketswil) nach. Mit ihren Forderungen blieb die SVP allerdings allein ­– obwohl niemand das Littering-Problem verneinte.

Die Mehrheit ortet ein Vollzugsproblem

«Die Vermüllung der Umwelt ist unbestritten», sagte Markus Bärtschiger (SP, Schlieren). Doch es mangle nicht an Gesetzen, sondern an deren Vollzug. Daran würden auch die beiden SVP-Vorstösse nichts ändern.

Bussen gebe es ja bereits in manchen Gemeinden, fügte Selma L’Orange Seigo (Grüne, Zürich) an. Aber sie würden nur dann etwas nützen, wenn die Wahrscheinlichkeit hoch sei, als Abfallsünder erwischt zu werden. Zudem hätten Studien gezeigt, dass es einen Massnahmenmix gegen Littering brauche, nicht nur Bussen.

Auch aus dem bürgerlichen Lager erhielt die SVP keine Unterstützung. «Littering ist ein Problem, aber man kann nicht auf allen Picknickplätzen Aufpasspersonal aufstellen», meinte Christian Schucan (FDP, Uetikon am See). Und Monika Sanesi (GLP, Zürich) betonte, die Gelder aus dem Naturschutzfonds seien für Projekte zur Förderung der Biodiversität vorgesehen, nicht aber für Polizeiarbeit.

Zudem stelle sich die Frage, ob es angemessen und verhältnismässig sei, wenn die Polizei jungen Feiernden hohe Bussen aufbrumme, gab Ruth Ackermann (Die Mitte, Zürich) zu bedenken. So kam es, dass ausser der SVP-Fraktion niemand für die beiden Kantonsratsvorstösse stimmte. Sie sind damit vom Tisch.

Aargau und Schwyz gehen weiter

Das Thema Litteringbussen bleibt jedoch aktuell. So forderte eine Nationalratskommission Ende letzten Jahres Bussen von 300 Franken für Abfallsünder. Im Kanton Aargau gilt dieser Tarif bereits. Auch das Schwyzer Kantonsparlament hat die Bussen für Abfallsünder kürzlich erhöht: In der Natur und im Landwirtschaftsgebiet muss nun 250 Franken hinblättern, wer Kleinabfälle illegal wegwirft und dabei erwischt wird.

Die Kosten, die Littering in der Schweiz verursacht, veranschlagte das Bundesamt für Umwelt bereits im Jahr 2010 gemäss einer Studie auf jährlich rund 200 Millionen Franken. «Bussen können das Littering schon reduzieren», sagte ETH-Umweltpsychologe Ralph Hansmann unlängst gegenüber SRF-News. Dies gelte vor allem an Orten, wo die Leute mit Kontrollen rechnen müssten.

Im Kanton Zürich bleibt es nun aber dabei, dass die Gemeinden selber schauen müssen, wie sie das illegale Ablagern von Abfall ahnden. Wahrscheinlich habe ihr Vorstoss den falschen Absender gehabt, meinte SVP-Kantonsrätin Fehr Düsel.