BERN: Bürgerliche Politiker nehmen die aktuelle Verwahrungspraxis der Schweiz ins Visier. Die Hürden dafür sollen gesenkt werden.
Im August tötete ein psychisch kranker Mann (32) in Basel eine 75-jährige Frau. Der Täter war nach einem ersten Mord in einer stationären Massnahme in der psychiatrischen Universitätsklinik, hatte aber unbegleiteten Freigang. Die Tat sorgte für emotionale Diskussionen und hat nun politisch Konsequenzen. Parlamentarier reichen heute Vorstösse ein für die Streichung von unbegleiteten Freigängen und zu tieferen Hürden für die Verwahrung von Straftätern. Sie stammen aus der Feder von Nina Fehr Düsel und Pascal Schmid. Die beiden SVPler sammelten auch zahlreiche Unterschriften von Nationalräten anderer Parteien. «Der Fall Basel ist nicht der erste Fall, in dem es im Hafturlaub zu verheerenden Rückfällen kam», sagt Fehr Düsel. Deshalb brauche es eine «Lückenschliessung bei den unbegleiteten Hafturlauben». Diese sollen künftig auch bei stationären Massnahmen und nicht nur bei der ordentlichen Verwahrung eingeschränkt werden, fordert sie. Frühestens nach vier Jahren soll ein unbegleiteter Hafturlaub möglich werden. «Die Sicherheit der Bevölkerung geht hier klar vor», so Fehr.
Einen anderen Ansatzpunkt wählt SVP-Nationalrat Pascal Schmid, der früher als Bezirksgerichtspräsident tätig war und selbst eine lebenslängliche Verwahrung angeordnet hat. «Derzeit werden viel zu viele Nichttherapierbare therapiert», glaubt der Thurgauer. Von 2018 bis 2023 seien 620 Täter in einer stationären Massnahme gelandet und nur 14 verwahrt worden. Dieses Verhältnis will er korrigieren, indem die Schwelle für Verwahrungen deutlich gesenkt wird. Das erhöhe die Sicherheit und senke die Kosten massiv, weil Therapien teurer seien als Verwahrungen. Hinzu komme, dass die heutige Praxis, die Therapierfähigkeit in den nächsten 20 Jahren zu beurteilen, dem Volkswillen nicht gerecht werde. 2004 wurde die Verwahrungsinitiative mit 56 Prozent der Stimmen angenommen. Die Vorstösse von Schmid und Fehr Düsel sind von Parlamentariern aus FDP und Mitte mitunterzeichnet worden und dürften eine Chance haben, mehrheitsfähig zu werden.Widerstand kommt indes von linker Seite. SP-Nationalrätin Min Li Marti, die in der zuständigen Rechtskommission sitzt, hält nichts von den Plänen. «Werden Hafturlaube noch stärker eingeschränkt, erschwert das die Integration weiter und wir erhalten langfristig keinen Sicherheitsgewinn», so Marti.
CHRISTOF VUILLE
Nina Fehr-Düsel (SVP) reicht einen Vorstoss ein. 20min/Spicher
SP-Frau Min Li Marti ist gegeneine Verschärfung. 20min/Spicher