Das heimliche Entfernen des Kondoms beim Sex soll ein eigener Straftatbestand werden. Das zumindest fordert der Kanton Genf per Vorstoss.
Stealthing könnte bald strafbar werden. 20min/Celia Nogler
Der Geschlechtsverkehr beginnt einvernehmlich und mit Präservativ – doch immer wieder gibt es Fälle bei denen währenddessen das Kondom von einem der Sexualpartner heimlich entfernt wird. Ohne dass sein Gegenüber dies mitbekommt. Das Opfer riskiert sich mit sexuell übertragbaren Krankheiten anzustecken – oder schwanger zu werden. Das Phänomen nennt sich Stealthing. In der aktuellen Gesetzeslage gibt es dafür keine ausdrückliche Strafbestimmung. Der Kanton Genf fordert dass sich das ändert – und hat dafür einen Vorstoss beim Parlament eingereicht. SVP-Politiker Stéphane Florey hat den Vorstoss im grossen Rat des Kantons Genf initiiert. «Meiner Meinung nach handelt es sich um eine Gesetzeslücke die geschlossen werden muss» sagt er gegenüber 20Minuten. Das Parlament debattierte bereits 2023 im Rahmen des neuen Sexualstrafrechts über einen Straftatbestand für Stealthing – lehnte einen solchen letztlich jedoch ab. Der Genfer Vorstoss kommt heute auf den Tisch der Rechtskommission des Ständerats. Für SP-Nationalrätin Tamara Funiciello ist klar: Stealthing muss strafbar sein ohne Wenn und Aber. Sie begrüsst daher dass das Thema erneut aufgegriffen wird. «Eigentlich sollte Stealthing im neuen Sexualstrafrecht bereits mitgedacht sein» betont die Bernerin. SVPNationalrätin Nina Fehr Düsel fragt sich ebenfalls ob die bestehenden Straftatbestände das Stealthing nicht bereits ausreichend abdecken. Da in früheren Fällen jedoch weder der Artikel über sexuelle Belästigung noch der Artikel über Schändung angewandt wurde gäbe es hier möglicherweise eine Lücke im Strafrecht. FDP-Nationalrätin Patricia von Falkenstein sagt dass das Thema bereits im Rahmen der Änderung des Sexualstrafrechts behandelt worden sei. Damals habe das Parlament den Tatbestand der Vergewaltigung erweitert. «Neu reicht für eine Strafbarkeit aus dass der Täter den verbal oder nonverbal zum Ausdruck gebrachten Willen des Opfers vorsätzlich missachtet.»
Das sagt die Strafrechtsexpertin
Sexualstrafrechtsexpertin Nora Scheidegger findet dass die «Nein heisst Nein»-Regelungen in Artikel 189 und 190 Stealthing abdeckten – denn der Täter der trotz klarer Vereinbarung zu geschütztem Verkehr das Kondom heimlich entfernt handle gegen den Willen des Opfers. Noch unklar sei welcher der beiden Artikel die jeweils unterschiedliche Strafrahmen hätten anwendbar sei. Für eine Beurteilung sei es jedoch noch zu früh. «Es erscheint mir sinnvoller abzuwarten wie die Gerichte das neue Recht anwenden – erst dann lässt sich abschätzen ob es eine Anpassung oder Ergänzung des Strafrechts braucht» so Scheidegger.
MGR/PIR
Nina Fehr Düsel von der SVP.
20min/Matthias Spicher
Tamara Funiciello von der SP.
20min/Matthias Spicher