Nebelspalter, 12. März 2025

Besucher der Zuger Mitte-Partei beobachten die Vereidigung von Martin Pfister zum Bundesrat während einem Public Viewing. Bild: Keystone

Besucher der Zuger Mitte-Partei beobachten die Vereidigung von Martin Pfister zum Bundesrat während einem Public Viewing. Bild: Keystone

Die Fakten: Während die Zentralschweiz über die Wahl des Zuger Regierungsrats in den Bundesrat jubelt, äussern Linke Bedenken über die politische Ausrichtung und den gesunkenen Frauenanteil im Gremium.

Warum das wichtig ist: Pfister übernimmt wahrscheinlich das VBS, ein Departement mit grossen Herausforderungen, darunter wichtige Personalentscheidungen. Seine politische Ausrichtung und Führungsstärke werden sich erst in den kommenden Monaten zeigen.

Bundesrat Pfister: Fehr überrascht, Schmid hat es erwartet
Für Martin Schmid (FDP, Graubünden) ist das Ergebnis wenig überraschend: «Es hat sich schon letzte Woche abgezeichnet, dass mit den Stimmen von SP, Grünen und einer gespaltenen FDP Markus Ritter das Rennen nicht machen wird.» Er interpretiert die Wahl als «nicht eine Pro-Pfister-Wahl, sondern eine Anti-Ritter-Wahl» und verweist auf Charaktereigenschaften des unterlegenen Kandidaten: «Markus Ritter hat viele im Parlament überfahren in der Vergangenheit.» Er fügt an: «Wahltag ist eben auch Zahltag.» «Es ist für mich eine Überraschung. Ich hätte gedacht, dass es nicht so klar ist, dass es eine ganz knappe Sache wird. Dass im ersten Wahlgang nur eine Stimme gefehlt hat, hat mich überrascht», kommentiert Nina Fehr Düsel (SVP, Zürich) das Ergebnis. Die SVP hatte sich im Vorfeld klar für Markus Ritter ausgesprochen, den sie als «wirklich bürgerlichen Kandidaten von seinen Positionen her» einschätzte.

Zentralschweiz feiert, Linke skeptisch
Besonders in der Zentralschweiz löst Pfisters Wahl Freude aus. «Jetzt ist es ein Zentralschweizer Bundesrat geworden, das freut mich persönlich natürlich sehr», erklärt Priska Wismer-Felder (Mitte, Luzern). «Die Zentralschweiz hat lange auf einen neuen Bundesrat gewartet. Heute haben wir ihn erhalten.»

Auch David Roth (SP, Luzern) zeigt sich erfreut, äussert jedoch ideologische Bedenken: «Der Bundesrat ist nach rechts gerutscht.» Er kritisiert die begrenzte Auswahl: «Wenn man in der Mitte nicht einmal im ganzen Land mehr als zwei Leute findet, die glauben, das machen zu können, dann ist es an sich schon mal ein Armutszeugnis.»

Frauen-Anteil sinkt
Auch Marionna Schlatter (Grüne, Zürich) deutet die Wahl als Verschiebung nach rechts: Beide Kandidaten «stammen eher vom rechten Teil der Mitte und gehören sicher nicht zur progressiven Frauengruppe.» Mit der Wahl eines weiteren Mannes sinkt der Frauenanteil im Bundesrat auf gerade einmal zwei von sieben Mitgliedern.

Grosse Aufgaben im VBS warten
Einig sind sich die Parlamentarier in der Einschätzung der anstehenden Herausforderungen. Mit dem VBS übernimmt Pfister ein Departement, das laut Martin Schmid «in einem ganz schlechten Zustand» ist. «Es geht um personelle Fragen, die zu regeln sind. Und es geht um Sachfragen. Eine lange Einarbeitungszeit wird Bundesrat Pfister nicht haben.»

Die ehemalige Sicherheitspolitikerin Marionna Schlatter erwartet vor allem eine bessere Kontrolle der Finanzen: «Das Parlament hat dem VBS enorm viel Geld zugesprochen, und man läuft Gefahr, das Vertrauen zu verlieren, dass diese Mittel sinnvoll eingesetzt werden. Hier braucht es eine starke Hand.»

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SP-Nationalrat David Roth (links) im Gespräch mit Pascal Schmid (SVP). Bild: Keystone

Auch die Neubesetzung wichtiger Personalposten steht an, wie Schmid betont: «Wir haben keinen Chef der Armee mehr, und auch den Posten des Chefs des Nachrichtendienstes gilt es neu zu besetzen.»

Ein Mann mit noch offenen Positionen
Nina Fehr Düsel hofft, «dass er eine führungsstarke Persönlichkeit ist und dass er in wichtigen Fragen – insbesondere bei der Verteidigungsfähigkeit der Schweiz, der Neutralität und der EU-Politik – auf unserer Seite steht. Aber das wird sich erst noch zeigen.» Sie räumt ein, dass Pfister «sich dazu nicht besonders klar geäussert hat – auch nicht in den Hearings».

Priska Wismer-Felder betont die Bedeutung der Kollegialität: «Es wird jetzt wichtig sein, dass er sich gut in das Gremium einfügen kann, dass man dort einen Zusammenhalt hat, der wirklich im Sinne unseres Landes ist.» Trotz unterschiedlicher Bewertungen seiner Wahl erhält Martin Pfister zumindest einen Vertrauensvorschuss. Wie David Roth zusammenfasst: «Jetzt hat Herr Pfister auch eine faire Chance verdient und die werden wir ihm geben.

Reibungslose Wahl
Maja Riniker (FDP, Aargau), die als Nationalratspräsidentin die Wahl leitete, zeigte sich mit dem Ablauf zufrieden: «Keine Fehler. Die Leute waren diszipliniert und es gab am Schluss ein Ergebnis.» Auf die Herausforderung angesprochen, bei der Verlesung der Resultate neutral zu bleiben, verriet sie: «In dem Moment sitzt man da und sagt sich selbst, dass man ganz entspannt bleibt. Cool, keine Mimik, top-seriös und dann geht das.»

Die Vorbereitung auf einen solchen Anlass erfolgt akribisch: «Da gibt es natürlich ein Drehbuch, das man mehrmals übt. Man setzt dann persönliche kleine Akzente.» Ihr sei es wichtig gewesen, dass alle sowohl Vor- und Nachnamen auf den Zettel schreiben. Trotz der Konzentration konnte Riniker den besonderen Moment geniessen: «Man schaut nach oben, sieht die vollen Tribünen, man sieht die Reaktionen. Man kann es geniessen.»