Der Bund will das Internet stärker überwachen. Zur bisherigen Vorratsdatenspeicherung sollen weitere Instrumente kommen. Doch Parteien von links bis rechts erteilen den Plänen eine Abfuhr. Sie befürchten «anlasslose Massenüberwachung».
Und nun will der Dienst für die Überwachung des Post- und Fernmeldewesen (ÜPF), der SP-Justizminister Beat Jans angegliedert ist, noch weitergehen.
Die Vorratsdatenspeicherung soll ausgebaut werden und noch mehr Daten erfassen. Aber auch Schweizer Entwicklungen wie Threema oder Proton Mail, die besonders streng auf Datenschutz achten, sollen neu mitteilen müssen, wer wann mit wem Nachrichten ausgetauscht hat.
Heftiger Widerstand gegen «Massenüberwachung»
Die Vernehmlassung zur Änderung der Verordnung, welche die Überwachung regelt, läuft seit Januar und es zeigt sich: Der Widerstand ist gross. In einem Positionspapier aus der IT-Branche, das 20 Minuten vorliegt, ist die Rede von «anlassloser und unverhältnismässiger Massenüberwachung ohne gesetzliche Grundlage».
Das Bundesgericht habe in Leitentscheiden einige der Ideen des ÜPF-Dienstes bereits zurückgewiesen, weil die gesetzlichen Grundlagen fehlten. «Nun will das Justizdepartement genau diese Punkte durch die Hintertüre auf dem Verordnungsweg wieder einführen.»
Balthasar Glättli: «Illegal. Das hätte ich von Trump erwartet, nicht von SP-Jans»
Auch in der Politik ist der Widerstand gross. Grünen-Nationalrat Balthasar Glättli sagt, diese Ausweitung auf Verordnungsstufe sei schlicht «illegal». Er fügt an: «So etwas hätte ich von Donald Trump erwartet – nicht von Beat Jans.»
Die neuen Überwachungsmittel gingen viel zu weit, sagt Grünen-Nationalrat Balthasar Glättli. Diese hätte er eher von Trump als von Jans erwartet, empört er sich.
20min/Matthias Spicher
Besonders störend sei der Eingriff bei Threema und Proton Mail. Statt ihr eigenes Produkt «unsicher» zu machen, würden diese «stattdessen einfach die Schweiz verlassen», so der Grüne, der sich selbst als Netzpolitiker bezeichnet.
Auch FDP und SVP empört
FDP-Mann Andri Silberschmidt stören wie Glättli die Einschränkungen für Threema und Co. «Die geplanten Anpassungen würden es massiv erschweren, aus der Schweiz heraus innovative Kommunikationslösungen anzubieten», sagt er auf Anfrage. Er fordert im Gegenteil «bessere Rahmenbedingungen und keine Verschärfungen der Regulierungen».
Auch für Andri Silberschmidt (FDP) gehen die Neuerungen viel zu weit. Sie wären ein Problem für Anbieter wie Threema oder Proton Mail, die besonders auf Datenschutz achten.
20min/Matthias Spicher
SVP-Nationalrat Franz Grüter findet: «Sicherheit darf nicht zur Aushöhlung unserer Freiheit führen.» Und er fügt an, dass die Balance nach den Verschärfungen nicht mehr stimmen würde. Es werde «unverhältnismässig tief» in die Grundrechte eingegriffen.

Nina Fehr Düsel (SVP) sagt, wenn man so weit gehen wolle, dann zwingend über eine Gesetzesänderung, nicht über eine blosse Anpassung der Verordnung.
20min/Matthias Spicher
Sie stört besonders, dass der Bundesrat versuche, den Ausbau der Überwachung auf dem Verordnungsweg am Parlament «vorbeizuschleusen». Wenn, dann brauche es hier zwingend eine Gesetzesänderung inklusive der dazugehörigen Diskussion.
ÜPF verteidigt sich: «Nur Präzisierungen»
20 Minuten hat das Justizdepartement von Beat Jans mit der Kritik konfrontiert. Der Mediensprecher des Dienstes ÜPF verteidigt die Reform. Denn die neue Verordnung führe «grundsätzlich nichts Neues ein», es würden lediglich Dinge präzisiert. «Für die allermeisten der über 1000 Anbieterinnen von Kommunikationsdiensten in der Schweiz wird diese Revision zu keinen zusätzlichen Pflichten führen.»