20min, 6. Mai 2025

Eltern sollen dazu verpflichtet werden, ihre Kinder gewaltfrei zu erziehen:Das hat der Nationalrat entschieden. Räte nehmen Stellung dazu und sagen, was sie als Kind erlebt haben.

Nina Fehr Düsel (SVP) sagt, wenn man so weit gehen wolle, dann zwingend über eine Gesetzesänderung, nicht über eine blosse Anpassung der Verordnung.
Nina Fehr Düsel: «In der Erziehung ist Gewalt nicht zielführend.» 20min/MSP

Der Nationalrat hiess gestern einen Gesetzesentwurf des Bundesrats gut, der den Grundsatz der gewaltfreien Erziehung im Zivilgesetzbuch verankert. Unter die unzulässigen Straftaten würden neu auch leichte körperliche Bestrafungen fallen wie eine «Ohrfeige, ein Klaps oder Schütteln». Doch im Parlament sorgte eine Minderheit um Nationalrat Manfred Bühler (SVP) für Aufruhr: «Ich finde nicht, dass schon eine Ohrfeige unzulässig sein soll, zumindest wenn es ein Einzelfall ist», sagte er der «SonntagsZeitung». Er befürchtet, dass Kinder sonst ab einem gewissen Alter «legitimiert wären, mehr oder weniger jede Autorität der Eltern abzulehnen». Auch SVP-Nationalrätin Barbara Steinemann, die selbst die Vorlage befürwortete, erklärte: «Ich finde, eine Ohrfeige darf nicht strafbar sein. Auch ich habe damals welche erhalten, das braucht es manchmal halt einfach.» Eine Grenze ziehe die Nationalrätin, die selbst Mutter eines Kleinkindes ist, bei systematischer Gewalt.

Nationalräte plaudern aus dem Nähkästchen

Auf Anfrage von 20 Minuten widersprachen Politiker der SVP-Nationalrätin. So etwa ihre Parteikollegin Nina Fehr Düsel: «Ich finde Gewalt in der Erziehung nicht zielführend. Selbst eine Ohrfeige kann eine zu viel sein.» Sie befürwortet die Vorlage und erzählt aus ihrer Kindheit: «Mir wurden durch die Eltern Grenzen gesetzt, wo dies nötig war, aber ohne Gewalt.» Ihre Eltern hätten auch mal streng sein können, aber auch mit Worten könne man tadeln. Parteikollege Mauro Tuena teilt diesen Grundsatz: «Man kann eine harte Erziehung erfahren, ohne körperliche Gewalt.» Er selbst habe nie Gewalt erfahren von seinen Eltern. Dennoch ist er gegen den Artikel: «Ich bin gegen jegliche Art von Gewalt, doch der Artikel bringt nichts.» Leider verhindere er keine einzige Gewalttat in der Erziehung. Ueli Schmezer (SP) erhielt von denEltern nie eine Ohrfeige – von Lehrern in der Primarschule hingegen schon. «Eine Ohrfeige ist Gewaltanwendung. Und meist Zeichen der Überforderung», so Schmezer. Der Vater von drei erwachsenen Söhnen findet die neue Bestimmung sehr wichtig: «Für fast jede Tätigkeit braucht es einen Fähigkeitsausweis. Aber nicht für das Kinder haben.» Die neue Bestimmung sei eine minimale Leitplanke für die Erziehung von Kindern.
BODE OBWEGESER