Seine Kinder hätten unter seinem Amt als SVP-Präsident gelitten, sagt Alt-Bundesrat Ueli Maurer. Dass Polit-Eltern auch von Vorteil sein können, zeigen Gespräche mit drei Menschen, die heute selbst Politik machen.
Darum gehts
- Alt-Bundesrat Ueli Maurer sagte, Kinder hätten unter seinem Amt als SVP-Präsident gelitten – einige seien deswegen ins Ausland gezogen.
- Drei andere Menschen, die ebenfalls als Kinder von Politikern aufwuchsen, berichten von ihren Erfahrungen.
- Heute sind sie allesamt selbst in der nationalen Politik aktiv.
Alt-Bundesrat Ueli Maurer trat am Montag vor die Medien und stellte die Pläne des Vereins «Leonhard-Kreis» vor. Der Verein, den Maurer präsidiert, versteht sich als «Lobby einer schweigenden Mehrheit».
Während der Medienkonferenz kam Maurer auch auf seine Familie zu sprechen. Er erzählte, wie sich sein Amt als damaliger SVP-Präsident auf sie auswirkte. «Wissen Sie, warum zwei meiner Kinder ins Ausland ausgewandert sind und zwei weitere sehr oft im Ausland leben? Weil sie immer darunter gelitten haben, dass ich SVP-Präsident war, dass ich mich exponiert habe», sagte Maurer. Auch hätten seine Kinder deswegen in der Schweiz keinen Job erhalten, seien ausgegrenzt worden und hätten sich in der Öffentlichkeit von ihm distanzieren müssen.
Wie ist es, als Kind eines öffentlich bekannten Politikers aufzuwachsen? Überwogen die negativen oder positiven Erfahrungen aus der Kindheit und Jugend? Drei nationale Politikerinnen und Politiker erzählen.
«Mein Vater war Hardliner – ich hörte immer wieder Bemerkungen»
Nina Fehr Düsel sitzt seit 2023 für die SVP im Nationalrat. Zehn Jahre zuvor politisierte schon ihr Vater Hans Fehr – den die Zürcherin selbst als «sehr pointiert» bezeichnet – für dieselbe Partei in der grossen Kammer (1995 bis 2015). Zuvor war er Gemeinderat von Eglisau und Zürcher Kantonsrat. «Ich habe die Situation als Tochter eines ‹Polit-Vaters› als ‹sowohl als auch› empfunden», erzählt sie gegenüber 20 Minuten.

Positiv in Erinnerung blieben ihr etwa fundierte Gespräche am Familientisch oder Rückmeldungen von Schülern und Bekannten nach Fernsehauftritten des Vaters. Auch habe Fehr in seiner Tochter das Interesse für Politik geweckt. «Ich war durch ihn sehr nahe an der Politik dran und lernte viele spannende Menschen und aktuelle Themen kennen», so Fehr Düsel.
Doch die Bekanntheit ihres Vaters und seine politischen Positionen hätten auch eine Kehrseite gehabt. «In der Kantonsschule waren viele meiner Lehrpersonen politisch eher links ausgerichtet – da mein Vater schon ein Hardliner war, hörte ich immer wieder Bemerkungen von ihnen», erzählt sie. Auch hätten die Kampagnen der SVP teils bei Mitschülerinnen und -schülern sowie deren Eltern für Gesprächsstoff gesorgt.

Alles in allem hätten jedoch die positiven Reaktionen und Erfahrungen überwogen – «sonst wäre ich nicht selbst in die Politik eingestiegen und schon so lange dabei», erklärt Fehr Düsel. Für sie sei die Bekanntheit ihres polarisierenden Vaters «nie ein Grund» gewesen, ins Ausland umzuziehen.
«Manchmal war das unangenehm»
Auch FDP-Nationalrat Christian Wasserfallens Vater war politisch aktiv: Kurt Wasserfallen war unter anderem Berner Stadtrat, Grossrat sowie Gemeinderat und sass von 1999 bis zu seinem Tod im Jahre 2006 für die FDP im Nationalrat. «Das hatte sicher einen Einfluss auf den Alltag», sagt Wasserfallen heute über die Polit-Karriere seines Vaters. Manchmal sei dies unangenehm gewesen – doch mit der Zeit habe der Berner gelernt, damit umzugehen.
«Mein Vater war eine markante politische Persönlichkeit. Das bekam ich natürlich oft mit mehr oder weniger intelligenten Sprüchen zu spüren», erzählt Wasserfallen. Dies sei etwa in der Schule, im Ausgang oder aber auch im Sportverein geschehen. Doch der FDP-Nationalrat konnte dem auch etwas abgewinnen: «Ich habe dadurch gelernt, schlagfertig zu reagieren – wovon ich heute noch profitiere.»
«Habe viel von seinem Respekt für andere Meinungen gelernt»
Die grüne Ständerätin Maya Graf ist seit über 20 Jahren eine national bekannte Politikerin. Auch ihr Vater, Fritz Graf, war im Kanton Basel-Landschaft politisch aktiv, allerdings auf der anderen Seite des Spektrums, bei der SVP. «Er war ein angesehener und beliebter Land- und Verfassungsrat», erzählt Graf. Damals, vor rund 30 Jahren, sei die SVP nicht derart «populistisch und fremdenfeindlich» unterwegs, sondern eine richtige Volkspartei der Bauern und Gewerbler gewesen, sagt sie.

«Ich habe vom Wirken meines Vaters profitiert», sagt Graf heute. Als sie selbst in die Politik eingestiegen sei, habe ihr das – gerade als Grüne – geholfen, viele Türen aufzustossen. Auch zu Bürgerlichen: «Ich habe viel von seinem Respekt für andere Meinungen gelernt.» Ihre eigenen Kinder seien mittlerweile erwachsen. «Natürlich mussten sie lernen, dass sie auf mich angesprochen werden.» Als öffentliche Person sei dies normal.
Aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen zeigt die Baselbieterin wenig Verständnis für die Aussagen von Alt-Bundesrat Ueli Maurer. «Es ist erstaunlich, dass er sich beklagt, dass seine Kinder unter seinem Amt gelitten hätten», so Graf. Als SVP-Präsident habe er ihrer Ansicht nach selbst massgeblich zur «ungesunden Polarisierung der Schweizer Politik» beigetragen.




