Nina Fehr Düsel kandidiert als 33-Jährige für den Stadtrat. Die Juristin will den Sprung ins Exekutivamt schaffen – ganz ohne Parlamentserfahrung. Nina Fehr Düsel lebt seit 16 Jahren in Zürich und versteht sich als Städterin. Die 33-Jährige will auch die jungen Leute repräsentieren, «die derzeit oft die Faust im Sack machen», und verhindern, dass diese «aus Frust über die städtische Politik in die Agglomeration ziehen». Im Stadtrat bestehe kein Gleichgewicht der Parteien mehr, es sei höchste Zeit für eine SVP-Vertretung. «Ein klar bürgerliches Übergewicht fände ich auch nicht gut.» Auch wenn Parteikollege Mauro Tuena bei den Stadtratswahlen 2010 das absolute Mehr verfehlt hat, beurteilt die Juristin ihre Chancen als intakt. «Viele Leute haben genug von rot-grün dominierten Entscheiden, insbesondere angesichts des prekären Defizits.» Im Restaurant Terrasse erzählt Fehr Düsel im Schnellzugstempo, wo sie Gegensteuer geben möchte: Ideologische Verkehrsbeschränkungen hemmten den Verkehrsfluss und seien teuer. Sie ist meist mit dem Tram unterwegs, selten benutzt sie auch Auto oder Velo. «Auch SVPler können Velo fahren!» Weiteres Sparpotenzial sieht sie bei der aufgeblähten Verwaltung, bei städtischen Bauten, beim «schulischen Überbetreuungsangebot». «Nicht jedes Kind muss therapiert werden, wir sind mit dem alten Schulsystem auch sehr gut gefahren.» In der nationalen Politik bewegt sie sich mehrheitlich auf Parteilinie. Fehr Düsel ist Mitglied bei der Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (Auns), befürwortet die Initiative gegen Masseneinwanderung und hat für die Familieninitiative gestimmt. «Hausfrauen sollen nicht benachteiligt werden gegenüber den voll arbeitstätigen Familien», sagt Fehr Düsel, obwohl sie sich selbst als gut ausgebildete Frau auch mit Kindern nicht zu Hause am Herd sieht. Jede Familie sollte das Modell wählen können, das ihr entspreche, sagt sie und plädiert für flexible Arbeitszeitmodelle. Statt nur auf Atomstrom möchte sie vermehrt auch auf alternative Energien setzen. Sie will nicht poltern Dass sie Energiefragen und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf teilweise anders betrachte als die Mutterpartei, sei vor allem eine Generationenfrage. «Bei der SVP sieht man die Welt längst nicht mehr schwarz und weiss.» Sie stehe für einen neuen Ansatz, wolle niemanden an den Pranger stellen und nicht poltern. Von ihrem Vater, dem SVP-Nationalrat Hans Fehr, habe sie die Hartnäckigkeit und das Engagement geerbt, von der Mutter, der Gemeindepräsidentin von Eglisau, Ursula Fehr, die Vielseitigkeit und das diplomatische Geschick. Als Teenager schlug Fehr Düsels Herz grün. Mit 15 Jahren startete sie eine Petition gegen die Gefangenhaltung von Delfinen, für die schliesslich 100’000 Unterschriften zusammen kamen. Mit den Jahren verschob sich ihr politischer Fokus. «Früher glaubte ich mehr an das Gute im Menschen», sagt sie. Doch ihre Stellen bei der Jugend- und Staatsanwaltschaft, im Versicherungswesen und beim Bezirksgericht Zürich hätten ihr Missstände und Missbräuche aufgezeigt, gegen die sie ankämpfen will. So beurteilt sie das Jugendstrafrecht als zu milde, die Kontrolle bei der Sozialhilfe als ungenügend. Fehr Düsel ist für Frauenförderung, aber nicht mittels Quote: «Wer will schon eine Quotenfrau sein?» Die Frage, ob sie als Mann dieselben Wahlchancen hätte, bringt sie zum Lachen. Gerade in ihrer Partei sei es nicht nur von Vorteil, eine Frau zu sein. Doch sie habe Erfahrung mit männerdominierten Jobs und verfüge über eine dicke Haut. Sie bedauert, dass viele Frauen aus falscher Bescheidenheit nicht Karriere machten. Trotz mangelnder Parlamentserfahrung traut sie sich ein Stadtratsmandat zu und fühlt sich durch ihre Laufbahn gut dafür gerüstet. Öffentliches Reden liege ihr: «Ich muss das im Blut haben.» Der Stadtrat sei überaltert, etwas frischer Wind würde ihm sehr gut bekommen, findet sie. «Die Spannungsfelder sind ihr bekannt» Nina Fehr Düsels Doktorvater, Moritz Kuhn, traut ihr viel zu: «Sie ist initiativ, belastbar, konsens- und lernfähig, ohne eingebildet zu sein», sagt der Versicherungsexperte. Da sie aus einer politischen Familie stamme, seien ihr die Spannungsfelder bekannt, die ein politisches Mandat mit sich bringe, und doch sei sie unverbraucht. FDP-Nationalrat Andrea Caroni kennt Nina Fehr Düsel seit Studienzeiten und sagt, sie sei leistungsbereit, ohne verbissen zu sein. Früher habe sie ihre grüne Ader betont und er habe sie wegen den politischen Positionen ihres Vaters geneckt. Heute sei sie zwar im bürgerlichen Lager gelandet, «doch Nina ist weit entfernt vom Polterstil des Vaters und argumentiert nuanciert», sagt Caroni, der zusammen mit Hans Fehr in der Bundeshaus-Band musiziert. Min Li Marti wiederum, die Chefin der SP-Gemeinderatsfraktion, findet die Idee der SVP gut, eine junge Frau für den Wahlkampf zu portieren. In den bisherigen Auftritten habe Fehr Düsel aber unbedarft gewirkt: «Sie hat keine Ahnung von den politischen Geschäften, ihre Voten wirken, als hätte sie die Parolen auswendig gelernt.» Wer im Job vor Leuten rede, verfüge nicht automatisch über das Rüstzeug für eine politische Debatte. Mit einigen Jahren Erfahrung als Gemeinderätin könnte sie dieses Manko vielleicht wettmachen.]]>