NZZ, 15.3.2019

Sonntagmorgen in Herrliberg, Nina Fehr Düsel bindet sich eilig eine gelbe Schürze mit SVP-Sünneli um. Sie ist spät dran, «das Anziehen der Kinder dauerte heute länger», sagt sie kurzangebunden, aber mit einem Lächeln. In Pumps, mit offenem langem Haar und rot geschminkten Lippen serviert sie darauf Parteikollegen beim «Puurezmorge» Kaffee. Frauen wie Fehr Düsel werden gerne als «Powerfrauen» bezeichnet: Die 38-Jährige ist Juristin mit Doktortitel, arbeitet im Kader einer Versicherung, ist Mutter zweier noch nicht schulpflichtiger Söhne und seit 2015 Kantonsrätin.

Wie sie das eigentlich alles unter einen Hut bringe, wird sie am Parteianlass vom Moderator gefragt, als sie neben vier männlichen SVP-Kantonsratskandidaten auf der Bühne steht. Sie habe das Glück, dass ihr Mann, ihre Eltern und Schwiegereltern mit anpackten, sagt sie und lächelt; man komme sogar ohne Krippe aus. Dass sie diese Frage als Einzige gestellt bekommt, obschon manche Kollegen neben ihr jüngere Kinder haben, sei typisch, wird sie einige Tage später an einem Podium zum Thema Frauen in Politik und Wirtschaft sagen.

«Wir in der SVP sind keine Hinterwäldler.»

Sie werde manchmal unterschätzt oder auf ihr Äusseres reduziert, sagt sie. «Sie haben so ein schönes Gesicht auf den Plakaten», heisse es dann. Sie hoffe, es zähle auch der Inhalt, antwortet sie jeweils. Brav oder angepasst ist Fehr Düsel nicht. «Die Parteitreue mit Mut zum Undogmatischen», titelte die NZZ 2013, als die Tochter von Alt-SVP-Nationalrat Hans Fehr für den Zürcher Stadtrat kandidierte. Obwohl sie damals noch keine erwerbstätige Mutter war, machte sie sich für dieses Familienmodell stark und forderte etwa flexiblere Arbeitsmodelle. Auch seien Krippenplätze nach wie vor zu teuer; statt höheren Subventionen verlangt Fehr Düsel aber einen Bürokratie-Abbau, um die Kosten zu senken. Anders als ihre Partei könnte sie sich zudem eine Elternzeit vorstellen, «solange es finanziell tragbar und wirtschaftlich machbar ist». Quoten lehnt sie ab.

Obwohl sie stark in der Unterzahl seien, fühle sie sich als Frau wohl in der SVP, sagt Fehr Düsel. Der Partei fehle es etwa mit Magdalena Martullo-Blocher nicht an Frauen, die eine unkonventionelle Rollenverteilung vorlebten. «Wir sind keine Hinterwäldler», sagt sie. Die männlichen Parteikollegen respektierten sie.

Bloss im kommenden Wahlkampf ist sich offenbar jeder selbst der Nächste. Weil Fehr Düsel vor knapp vier Jahren mit ihrer Familie vom Stadtzürcher Kreis 7 nach Küsnacht zog, tritt sie nun im Bezirk Meilen an, dem bisher vier SVP-Sitze zufielen. Fehr Düsel hat man auf den fünften Listenplatz gesetzt – hinter die bisherigen Männer, darunter einen letzten Herbst nachgerückten Neuling. Sie muss nun um ihre Wiederwahl bangen.