Die Limmattaler-Zeitung, 21.6.18 Fehr schlägt vor, in amtlichen Texten jeweils nur die männliche oder weibliche Form zu wählen. Doch dieser Vorschlag stösst bei einigen Kantonsräten auf grossen Widerstand. Das Thema Gleichberechtigung in der Sprache treibt immer wieder neue Blüten. So begrüsste kürzlich ein Zürcher Regierungsrat eine Gewerbeverbands-Versammlung mit den Worten «Liebe Mitgliederinnen», wie SVP-Kantonsrätin Nina Fehr Düsel von einem Fraktionskollegen, der dabei war, zugetragen wurde. Fehr Düsel begegnete weiteren politisch überkorrekten Sprachblüten. So las sie in einem Regierungsratsprotokoll folgenden Satz: «Das Steuerungsgremium setzt sich aus der Vorsteherin oder dem Vorsteher der Finanzdirektion, zwei weiteren Vertreterinnen oder Vertretern des Regierungsrats und der Staatsschreiberin zusammen.» Damit nicht genug: «Als Vertreterinnen und Vertreter der weiteren Direktionen werden die jeweiligen Generalsekretärinnen und Generalsekretäre oder die von der jeweiligen Direktionsvorsteherin oder dem jeweiligen Direktionsvorsteher bestimmte Person ernannt.» Die weibliche Form in Texten und Reden stets einbringen zu wollen, mache die Sache kompliziert und schwerfällig, findet Fehr Düsel. Und: Es sollte eine einfachere Praxis geben. «Viele Frauen erachten es als keinerlei Benachteiligung, wenn in der männlichen Form gesprochen oder geschrieben wird.» Sie reichte deshalb im Kantonsrat eine Anfrage an den Regierungsrat ein, ob es Weisungen gebe, wie die weiblichen Formen zu verwenden seien. Und sie schlug auch gleich eine Lösung vor: «Wäre es möglich, in amtlichen Texten jeweils nur die männliche (oder nur die weibliche) Form zu wählen, wenn der Text dadurch leserfreundlicher wird?» In ihrer Dissertation habe sie es so gehandhabt, stets die männliche Form zu verwenden, eingangs verbunden mit dem Hinweis, dass Frauen mitgemeint seien, sagte die Juristin gestern auf Anfrage. «Das geht gar nicht», hält Markus Späth dagegen. Nach Meinung des SP-Kantonsrats und Gymnasiallehrers müssen beide Geschlechter gleichberechtigt in der Sprache verwendet werden. Aber: «Man sollte dabei nicht einfach die billigste Lösung suchen.» So sei es eleganter, von «Anbietenden» zu reden statt von «Anbieterinnen und Anbietern». Und wenn ein Regierungsrat eine Versammlung mit «Liebe Mitgliederinnen» anspreche, sei dies schlicht ein Fehler: «Das Mitglied ist sächlich», hält Späth fest. Wenn jemand daraus eine falsche weibliche Form ableite, spreche dies nicht gegen Gleichberechtigung in der Sprache.

«Ich versuche zu neutralisieren»

Für pragmatische Lösungen plädiert auch FDP-Kantonsrätin Sabine Wettstein-Studer: «Wenn man alle Geschlechter benennen will, wird es schwerfällig. Ich versuche jeweils zu neutralisieren», sagt die Bildungspolitikerin und Präsidentin der Berufsfachschule in Uster. So verwende sie «Lehrpersonen» statt «Lehrerinnen und Lehrer». Das klinge vielleicht unpersönlich, sei aber dafür kurz. Ebenso könne man «Vertretungen» statt «Vertreterinnen und Vertreter» sagen. Und wenn sie sich schon für eine Geschlechtsform in der Sprache entscheiden müsste, wäre es die weibliche. So habe sie kürzlich einen Vortrag gehört, in dem der Redner konsequent «sie als CEO» sagte. «Das löst schon etwas aus», sagt Wettstein-Studer. Rico Brazerol, BDP-Kantonsrat sowie Inhaber einer Kommunikations- und PR-Agentur, muss lachen, als er von Fehr Düsels Anfrage hört: «Ich bin froh, haben wir keine grösseren Probleme», sagt er. Das Sprachproblem mit Männlein und Weibchen ist ihm aber durchaus bewusst: «Ich wurde auch schon angesprochen, weil ich eine Ansprache mit ‹Geschätzte Sportler› begonnen hatte. Man fragte mich, ob ich die Sportlerinnen nicht begrüsse», so der frühere «Blick»-Sportchef und «20 Minuten»-Mitgründer. Nun versuche er, das Problem zu umgehen, indem er Ansprachen zumeist mit «Geschätzte Anwesende» beginne. «Aber wenn es offiziell wird, muss man sich an die Etikette halten und Männer und Frauen separat begrüssen. In allen anderen Situationen versuche ich, das zu umgehen.» SVP-Kantonsrätin Fehr Düsel hält fest, dass der Feminismus durchaus gute Züge habe: «Frauen sollten sich etwas zutrauen, sei es im Beruf oder in der Politik», sagt die Tochter von alt Nationalrat Hans Fehr und der scheidenden Eglisauer Gemeindepräsidentin Ursula Fehr (beide SVP). «Es kommt aber eher auf Taten als auf sprachliche Formalitäten an.»]]>