Tagesanzeiger, 18.4.18
Die Zürcher SVP-Kreispartei 7/8 hat am Abend nach Protesten darauf verzichtet, Staranwalt Valentin Landmann frühzeitig als Kantonsratskandidat zu nominieren.
Die Idee tönte auf den ersten Blick bestechend: Valentin Landmann, wohl der bekannteste Rechtsanwalt der Schweiz und einer der schillerndsten Zürcher überhaupt, soll bei den Kantonsratswahlen im nächsten Frühling für die SVP antreten. Bereits am Dienstagabend hätte er nominiert werden sollen, an der Delegiertenversammlung der SVP-Kreispartei 7/8. Landmann ist erst seit zwei Wochen Mitglied der Partei und sagt: «Wenn man mich ruft, dann bin ich da.» Landmann, der Quereinsteiger, hätte auf auf Platz zwei antreten sollen, direkt hinter Parteipräsident und Gemeinderat Urs Fehr. Doch die Delegierten vom Zürichberg haben Fehr am Dienstagabend einen Strich durch die Rechnung gemacht und die Nomination klar und ohne Abstimmung auf den Spätsommer verschoben.
Der Kreisparteipräsident war mit seiner Nominierungsversammlung offensichtlich zu weit vorgeprescht. Weder ist vonseiten des Kantons die definitive Verteilung der Sitze auf die Wahlkreise bekannt, noch steht die Gesamtstrategie bei der SVP. Da hat die Partei nämlich ausgerechnet im Kreis 7/8 eines ihrer besten Pferde im Stall: Kantonsrätin Nina Fehr Düsel. Doch sie wohnt seit zwei Jahren in Küsnacht. Wie Nina Fehr sagt, ist noch offen, ob sie wieder in der Stadt antritt oder im Bezirk Meilen. Rechtlich ist beides möglich. Im Bezirk Meilen hat die SVP vier Sitze, in Zürich 7/8 bloss einen. Eine Nominationsversammlung, ohne sich mit dem Bezirk Meilen abgesprochen zu haben, war offensichtlich suboptimal. In Meilen soll die Liste, wie in den meisten anderen Bezirken, erst nach den Sommerferien verabschiedet werden.
Das Wespennest auf dem Zürichberg
Mit seiner Kandidatur ausgerechnet im Zürcher Wahlkreis 7/8 stach Valentin Landmann in ein Wespennest. Er sagt: «Ich wurde angefragt und helfe gern.» Dabei ist der Zürichberg besonders heiss umstritten, seit der Wahlkreis aufgrund des relativen Bevölkerungsschwundes 2011 einen Sitz verlor. Damals wurden bei der SVP gleich zwei Kantonsräte abgewählt: der altgediente Theo Toggweiler und die aufstrebende Susanne Brunner, die von der CVP kam. Rechtsprofessor Hans-Ueli Vogt schlug Brunner damals um eine einzige Stimme. 2015 wurde Vogt dann Nationalrat, Nina Fehr Düsel durfte in den Kantonsrat nachrutschen. Keine 140 Stimmen hinter ihr rangierte damals Parteipräsident und Gemeinderat Urs Fehr, wie schon 2011 bloss auf dem dritten Platz.
Sollte Landmann tatsächlich auf dem Zürichberg nominiert werden, riskiert Parteipräsident Urs Fehr zum dritten Mal, bloss Ersatz zu sein. Es sei denn, Landmann würde auch bei den Nationalratswahlen antreten – was er nicht ausschliesst – und gewählt werden. Doch diese Chancen sind nicht sehr gross: Die Wachablösung bei der SVP ist vollzogen, der Wählertrend negativ. Als 68-Jähriger dürfte es Landmann 2019 schwer haben, von den kantonalen Delegierten auf einen vorderen Listenplatz gesetzt zu werden.
Landmann will «Rollläden öffnen»
Valentin Landmann scheint das nicht zu beunruhigen, er sieht die grossen Bögen und hielt am Abend auf dem Zürichberg eine ebenso grosse Rede, in der es um die rechtliche Selbstständigkeit der Schweiz ging, aber auch um seine eigenen Qualitäten. Von den Delegierten erhielt er warmen Applaus. Landmann ist in der SVP offensichtlich willkommen. «Als Politiker kann ich erklären und überzeugen, wie es auch meine Aufgabe als Rechtsanwalt ist», sagt er. «Ich kann Klartext reden, aber ich kann auch Brücken bauen, allein kann die SVP nichts bewegen.»
Landmann ist mit Christoph Blocher ebenso per Du wie mit den SVP-Regierungsräten Markus Kägi und Ernst Stocker – und sogar AL-Stadtrat Richard Wolff spricht er mit Richi an. Er pflege Kontakte zu allen politischen Couleurs. Bei vielen Leuten gehe der Rollladen runter, wenn sie SVP hörten. «Meine Aufgabe ist es, Rollläden wieder hochzukurbeln.»
Kritik an Hauruck-Übung
Doch an der Delegiertenversammlung vom Zürichberg mussten am Dienstagabend erstmal bei Präsident Urs Fehr die Rolläden geöffnet werden. Zuerst scheiterte ein Antrag von Kantonsrat Hans-Peter Amrein, die Medien auszuschliessen. Dann musste sich Urs Fehr Vorwürfe anhören. Er habe mit der verfrühten Nomination von Valentin Landmann einen «Schnellschuss» und eine «Hauruck-Übung» veranstaltet. Pikanterweise stammte der Antrag, die Nomination zu verschieben, von Urs Fehrs Konkurrentin Nina Fehr Düsel, der Tochter des langjährigen SVP-Nationalrats Hans Fehr. Auch SVP-Vize Gregor Rutz und der frühere Stadtparteipräsident Roger Liebi legten sich ins Zeug.
Offensichtlich wollen die städtische und die kantonale Parteileitung auch ein Wörtchen mitreden, wenn im Herbst die Listen gestaltet werden – erst recht nach den aktuellen Verlusten. Möglicherweise macht es mehr Sinn, Valentin Landmann, der im Kreis 6 wohnt und nicht auf dem Zürichberg, in einem anderen Kreis einzusetzen. Valentin Landmann scheint als Promi und als Stimmenfänger bei der SVP willkommen – auch wenn er als betont eigenständiger Charakter beispielsweise für die Legalisierung von Cannabis ist und als Milieuanwalt eine Klientel unterstützt, die kaum nach dem Gusto manch braver Parteigänger ist.]]>