Tages-Anzeiger, 01. Februar 2020
Bürgerliche Parlamentarierinnen fürchten physische und psychische Schäden bei den Kindern. Nun sammeln sie Unterschriften.
Regierungsrätin Silvia Steiner wird in den nächsten Tagen Post erhalten: Eine Petition verlangt, dass sie als Bildungsdirektorin die Maskentragpflicht für Schülerinnen und Schüler unter zwölf Jahren sofort aufhebt. Im Begleitbrief wird stehen, dass die Kinder- und Jugendpsychiatrie aufgrund der Corona-Massnahmen und des Lockdown bereits jetzt überlastet sei.
Dem Petitionskomitee gehören einige prominente Zürcher Politikerinnen aus dem bürgerlichen Lager an. Mit dabei sind die SVP-Kantonsrätinnen Nina Fehr Düsel (Küsnacht), Romaine Rogenmoser (Bülach), Sandra Bossert (Wädenswil) und Susanna Lisibach (Winterthur) sowie die beiden Stadtzürcher FDP-Gemeinderätinnen Yasmine Bourgeois und Elisabeth Schoch. Sie fürchten physische und psychische Schäden bei den Kindern – es gebe dazu besorgniserregende Anzeichen und Hinweise. Bis zum 13. Februar wollen sie Unterschriften sammeln.
Der Kanton hat die Maskentragpflicht für Kinder unter 12 Jahren an Schulen vor einer Woche eingeführt. In der Petition heisst es, die Massnahme sei weder verhältnismässig noch zweckmässig. «Im vorherrschenden Massnahmen-Hyperaktionismus sind nun die Kleinsten betroffen, ohne Rücksicht auf die allseits bekannten physischen und psychischen Risiken.» Mit allen Mitteln werde eine Minderheit beschützt, ohne die Zukunft der Mehrheit zu berücksichtigen. Das dürfe nicht sein (Hier gehts zum Artikel: Schaden Masken den Kindern?).
Eine der Initiantinnen der Petition ist selber Primarlehrerin. Yasmine Bourgeois unterrichtet eine sechste Primarklasse im Schulhaus Turner im Zürcher Kreis 6. «Ich bin nicht grundsätzlich gegen das Maskentragen, doch bei den Schulkindern ist der Nutzen nicht gross», sagt die FDP-Frau. «Die Kinder tragen die Masken kaum so, dass sie wirklich schützen. Sie nesteln die ganze Zeit mit den Fingern daran herum – im Turnunterricht natürlich besonders häufig», sagt sie. Habe ein Kind Mühe damit, schicke sie es kurz nach draussen, um frische Luft zu schnappen. Den Unterricht würden die Masken kaum verändern. Sie müsse den Kindern aber immer wieder sagen, dass sie lauter und deutlicher sprechen müssten, damit sie sie verstehe.
Für Bourgeois ist klar, dass die Primarschulen auch ohne Masken offen bleiben müssen. Für Eltern, die Ansteckungen befürchten und deshalb ihre Kinder lieber zu Hause privat unterrichten würden, müsse es einfach und unbürokratisch möglich sein, dies zu tun. Dazu müssten die Lehrerinnen und Lehrer unkompliziert Hand bieten.
Nina Fehr Düsel sagt, die Kinder seien mit der Pandemie selber schon genug bestraft, mit der Maske in der Schule mute man ihnen zu viel zu. Sie wisse von Kindern, die über Müdigkeit, Übelkeit und Kopfschmerzen berichteten, wenn sie die Maske immer tragen müssten.
Volksschulamt: Kinder kommen zurecht
Myriam Ziegler, Leiterin des Volksschulamts, schreibt auf Anfrage, dass die Maskenpflicht bei Schulkindern grossmehrheitlich positiv aufgenommen worden sei. Sie werde gut umgesetzt. «Mit der entsprechenden Einführung durch die Lehrpersonen sind auch die zehn- bis zwölfjährigen Kinder in der Lage, die Maske korrekt zu verwenden.»
Natürlich gebe es bei rund 16’000 Lehrpersonen im Kanton von dieser Seite vereinzelt kritische Rückmeldungen. Diese würden ernst genommen und in die Diskussion um Schutzmassnahmen an den Schulen einfliessen. «Eine kritische Haltung entbindet Lehrpersonen aber nicht davon, im Rahmen ihrer Berufspflichten, die Vorgaben der Bildungsdirektion, Schulbehörden und Schulleitung umzusetzen.»
Seit Beginn der Pandemie habe sich die Zahl der Kinder im Privatunterricht, der weniger als ein Jahr dauert und auch von Personen erteilt werden darf, die keine Lehrerausbildung haben, von 100 auf 200 erhöht.