NZZ, 01.06.21

Der Zürcher Stadtrat möchte ab 2022 auch Ausländer in die Polizeischule aufnehmen – eine Initiative aus dem Kantonsrat soll das verhindern

Am Montag eilte es plötzlich. Der Zürcher Stadtrat hatte am 19. Mai bekanntgegeben, dass in Zukunft auch Ausländerinnen und Ausländer mit der Niederlassungsbewilligung C die Polizeischule absolvieren können. Deshalb hat der Kantonsrat am Montag auf Antrag des Mitunterzeichners Markus Schaaf (evp., Zell) die Behandlung eines Vorstosses vorgezogen.

Die parlamentarische Initiative von Nina Fehr Düsel (svp., Küsnacht) steht seit letztem Herbst auf der Geschäftsliste des Kantonsrats. Mit Unterstützung von FDP und EVP verlangt sie die Ergänzung des kantonalen Polizeiorganisationsgesetzes um eine neue Bestimmung. Laut dem Vorstoss müssten Angehörige der Polizei über das Schweizer Bürgerrecht verfügen. Dieser Punkt fehlt dort nämlich. Der Zürcher Stadtrat wolle Tatsachen schaffen, die der Absicht der Initiative entgegenstünden, schrieb Schaaf, der auch Präsident des Verbandes der Kantonspolizei Zürich ist. Deshalb sei möglichst rasch Klarheit nötig, welche Zulassungsbedingungen für Ausbildung und Anstellung bei den Zürcher Polizeikorps gälten.

Allerdings sieht auch die städtische Neuerung keine bewaffneten Polizisten ohne Schweizer Pass vor. Eine feste Anstellung bei der Stadtpolizei soll nach der zweijährigen Ausbildung nur erhalten, wer sich in dieser Zeit einbürgern lässt.

Vielfalt besser abbilden

Die Stadt will mit der Neuerung erreichen, dass die Zusammensetzung des Polizeikorps die Vielfalt der Bevölkerung besser widerspiegelt. Ein weiteres Argument besteht darin, das Reservoir von Bewerberinnen und Bewerbern für den Polizeidienst zu vergrössern. Im Kanton Basel-Stadt ist seit über zwanzig Jahren die Schweizer Staatsbürgerschaft nicht mehr Voraussetzung für den Polizeidienst. Weitere Kantone folgten, Genf kennt eine Regelung analog zu jener, die der Zürcher Stadtrat beschloss.

Die FDP wolle solchen Bestrebungen eine Abfuhr erteilen, sagte Angie Romero (fdp., Zürich). Die Erstunterzeichnerin Fehr Düsel erklärte im Rat, bei unterschiedlichen Zulassungsregeln wären in Zukunft Verschiebungen innerhalb verschiedener Polizeikorps nicht mehr immer möglich. Im Übrigen gebe es genug Bewerberinnen und Bewerber für den Polizeidienst, auch solche mit Migrationshintergrund, die den Schweizer Pass besässen.

Fehr Düsel kündigte an, dass die Kommission im Falle einer Unterstützung die Initiative noch anpassen werde. Diese betrifft die Polizeiausbildung nämlich nicht. Der Entscheid des Zürcher Stadtrats steht also höchstens dem Sinn nach mit dem Begehren in Widerspruch, nicht dem Buchstaben nach. Auch die Stadt fordert bis zu einer offiziellen Aufnahme ins Korps weiter die Schweizer Staatsbürgerschaft.

Bereits im Praktikum bewaffnet

Markus Schaaf bemerkte dazu, dass bereits während der Polizeiausbildung eine Zwischenvereidigung stattfinde. Im darauffolgenden Praktikum würden die Polizeischüler normalen Dienst leisten, seien uniformiert, bewaffnet und von den übrigen Polizisten nicht zu unterscheiden. Das staatliche Gewaltmonopol solle nicht von Personen ausgeübt werden, die nicht über die Schweizer Staatsbürgerschaft verfügten, so Schaaf. Bis anhin sei das selbstverständlich gewesen, nun gelte es, die Zulassungsbestimmungen zu vereinheitlichen.

Die Gegner der Initiative betonten, auch die Polizei müsse die Gesellschaft abbilden. Gemischte, auch interkulturelle Teams funktionierten besser, sagte Beatrix Stüssi (sp., Niederhasli). Menschen trotz Eignung vom Polizeidienst auszuschliessen, nur weil sie keinen Schweizer Pass hätten, sei nicht zeitgemäss, sagte Andrea Gisler (glp., Gossau). Es gehe ein weiteres Mal nur darum, die Städte Zürich und Winterthur an die Kandare zu nehmen.

Die Initiative erreichte das nötige Quorum mit 91 Stimmen problemlos. Unklar ist indes, inwieweit der Entscheid vom Montag die Absicht der Stadt Zürich, Ausländerinnen und Ausländer in die Polizeischule aufzunehmen, tangiert. Die vorläufige Unterstützung ist erst ein Prüfauftrag und noch keine Entscheidung in der Sache. Zunächst muss eine Kommission des Kantonsrats, die in der Regel auch eine Stellungnahme der Regierung einholt, einen Antrag stellen. Erst dann folgt der definitive Entscheid. Im Fall einer Zustimmung wäre noch ein Referendum möglich. Bis dahin dürfte die Anmeldefrist für den nächsten Lehrgang der Polizeischule abgelaufen sein.