Soll am rechten Seeufer eine Veloschnellroute gebaut werden? Und weshalb mangelt es an Lehrpersonen? Über diese Fragen haben Kandidierende für den Kantonsrat debattiert.
Schon die erste Frage entfachte eine hitzige Diskussion unter den Podiumsteilnehmern. Es ging um den möglichen Verkehrsversuch der Stadt Zürich auf der Bellerivestrasse und den damit verbundenen Spurabbau. «Wir müssen die Strasse entlasten und für das Gewerbe freihalten. Vielleicht gibt es dann auch Platz für Velos», sagte Thomas Forrer (Grüne, Erlenbach). «Die Bellerivestrasse ist eine Hauptverkehrsachse», entgegnete Nina Fehr Düsel (SVP, Küsnacht), die sich gegen den Spurabbau wehrt. «Mich stört das Gegeneinander-Ausspielen der Verkehrsmittel.»
Vier bisherige Kandidierende für die Kantonsratswahlen am 12. Februar stellten sich an dem Podium im Meilemer Gasthof Löwen vor rund 25 Zuhörerinnen und Zuhörern den Fragen von Moderatorin Philippa Schmidt («Zürichsee-Zeitung»). Nebst Forrer und Fehr Düsel diskutierten auch Claudia Hollenstein (GLP, Stäfa) und Rafael Mörgeli (SP, Stäfa). Die Frage an dem von den jeweiligen Bezirksparteien organisierten Abend lautete: «Wie weiter im Verkehr und in der Bildung?»
Nebst der Bellerivestrasse debattierten die Kandidierenden auch über den Bau einer Veloschnellroute vom Tiefenbrunnen bis Feldbach. «Diese würde vielleicht Leute aufs Velo umsteigen lassen», hielt Hollenstein fest – deshalb brauche es die Route. «Veloschnellrouten helfen, Verkehrsspitzen zu brechen», fügte Forrer an und bezog sich auf eine Studie, die diesbezüglich gemacht worden war. Fehr Düsel warf jedoch ein, dass die Nutzung des Velos stark vom Wetter abhängig sei: «Bei Regen fahren nicht alle mit dem Velo in die Stadt.» Auch frage sie sich, auf welchen Strassen eine Veloschnellroute verlaufen könnte.
Kritik an veralteten Bahnhöfen
Mörgeli indessen plädierte für den Ausbau der S-Bahn: Für den Umstieg vom Auto auf die Bahn sei die Einführung des Viertelstundentakts in den oberen Seegemeinden wichtig, sagte er. Er kritisierte zudem den teilweise mangelhaften Ausbau der Bahnhöfe: «Mancherorts gelangt man mit einem Kinderwagen nur mit Mühe zum Perron.» Wofür sich alle Podiumsteilnehmer aussprachen: Der Viertelstundentakt muss in allen Seegemeinden so bald wie möglich Realität werden.
Zum Thema Bildung und insbesondere dem Mangel an Lehrkräften gingen an dem Abend die Meinungen wieder auseinander. Die Attraktivität des Lehrerberufs hat gelitten – zumindest darin waren sich die Kandidierenden einig. Forrer ortete das Problem bei neuen Strukturen in den Schulen: Für die Lehrpersonen hätten diese grössere Klassen, mehr administrative Aufgaben und zusätzlichen koordinativen Aufwand zur Folge.
Fehr Düsel wiederum kritisierte den eingeführten Lehrplan 21: «Das integrative System stösst an seine Grenzen», sagte sie. «Wir haben heute sehr heterogene Klassen.» Mörgeli hingegen verteidigte die Integration von Kindern mit speziellen Bedürfnissen. Damit die Integration richtig funktioniere, brauche es jedoch mehr finanzielle Mittel als heute. Auch über den Sinn des selbstgesteuerten Lernens waren sich die beiden nicht einig: «Eine Überforderung für das Kind», ist dieses für Fehr Düsel. Mörgeli konterte: «Wir müssen wegkommen vom Auswendiglernen. Viel wichtiger ist das Verstehen.»
Warum alle ans Gymi wollen
Zu reden gab auch die hohe Gymiquote von teilweise über 40 Prozent im Bezirk Meilen und deren Auswirkungen auf das duale Bildungssystem. Zu viele Kinder würden mit teuren Vorbereitungskursen ins Gymi gedrängt, bemängelte Mörgeli, wodurch sozial schlechter gestellte Kinder das Nachsehen hätten. «Ich glaube nicht, dass diese dümmer sind», sagte er. «Eigentlich sollte die Primarschule das Rüstzeug fürs Gymnasium bieten», hielt Forrer fest.
«Viele Expats wissen zu wenig Bescheid über das duale Bildungssystem», beanstandete Fehr Düsel. So komme es, dass Eltern ihr Kind unbedingt ans Gymi bringen wollten. Das Gewerbe aber sei auf neue Lernende angewiesen, sagte Hollenstein, das duale Bildungssystem müsse deshalb gestärkt werden. Für sie sei klar: «Wir sollten unsere Jugendlichen mit gutem Gewissen in die Lehre schicken.»