Wer kann Roger Köppels Sitz im nationalen Parlament erobern? Einige bringen sich in Position.
Roger Köppels Rückzug gibt der Zürcher SVP und ehrgeizigen Parteimitgliedern etwas Luft für die Wahlen im Oktober. Denn nun kandidieren gemäss Präsident Domenik Ledergerber «nur» noch neun Bisherige wieder.
2019 verlor die SVP im Kanton Zürich zwei Sitze und kam noch auf 10 von 35 Mandaten. Damals wurde Claudio Zanetti abgewählt, Hans Egloff hatte sich nicht mehr aufstellen lassen. Auf dem aktuell ersten Ersatzplatz der 2019er-Liste figuriert Martin Hübscher. Der 54-jährige Fraktionspräsident im Kantonsrat bestätigt auf Anfrage, dass er weiterhin an einer Wahl in den Nationalrat interessiert ist.
Auch Kantonsrätin Nina Fehr Düsel hat sich erneut beworben und hofft auf einen guten Listenplatz, wie sie sagt. Die 43-Jährige hatte vor vier Jahren den grössten Sprung auf der Liste gemacht – von Platz 25 auf 14. Der 36-jährige SVP-Aufsteiger Ledergerber strebt ebenfalls nach einem aussichtsreichen Listenplatz.
«Hahaha, der ist gut. Nein, da können Sie ganz sicher sein, ich werde 2023 nicht kandidieren.»
Claudio Zanetti, der damals von der Wählerschaft von Rang 8 auf 13 relegiert wurde, war telefonisch am Freitag nicht erreichbar. Ein Comeback-Versuch des 56-Jährigen würde aber überraschen. Klar ist, dass Christoph Mörgeli verzichtet. Auf eine entsprechende Anfrage schreibt der 63-Jährige: «Hahaha, der ist gut. Nein, da können Sie ganz sicher sein, ich werde 2023 nicht kandidieren.» 2015 war der frühere Programmchef – zusammen mit Hans Fehr und Ernst Schibli – abgewählt worden. Vier Jahre später kandidierte Mörgeli erneut, rutschte jedoch von Listenplatz 15 auf Rang 20 ab.
Das Rennen um einen guten Listenplatz wird deshalb intensiver, weil die Erfolgschancen der Neukandidierenden nach Köppels Rücktritt steigen. Zudem wird der SVP in einer aktuellen Umfrage ein Wahlsieg prognostiziert. Auch erhält der Kanton Zürich aufgrund des Bevölkerungswachstums einen zusätzlichen Sitz, zulasten von Basel-Stadt. Der Partei winkt also ein Sitzgewinn oder gar mehr.
Duell Heer – Rutz
Wer auf die Erfolg verheissenden Plätze der SVP-Liste gesetzt wird, verrät Rita Fuhrer nicht. Die frühere Regierungsrätin ist Präsidentin der Findungskommission (Fiko) und hat damit Einfluss auf die Reihenfolge der Kandidierenden. Am 14. März wird ihre Liste vom Parteivorstand bereinigt und den Medien präsentiert. Am 28. März hat die Delegiertenversammlung das letzte Wort, wobei sie die Liste nur als Ganze annehmen oder komplett ablehnen kann.
Für noch grösseres Echo wird wohl sorgen, wen die Partei für den Sitz im Ständerat nominiert. Beworben haben sich – soweit bekannt – die Nationalräte Alfred Heer und Gregor Rutz. Die SVP hat es seit der Zeit von Hans Hofmann (1998–2007) nicht mehr geschafft, einen Zürcher Sitz im Stöckli zu erobern. Dies, obwohl Männer wie Christoph Blocher, Ueli Maurer oder eben Roger Köppel kandidiert haben. Dieser landete 2019 allerdings abgeschlagen hinter Daniel Jositsch (SP) und Ruedi Noser (FDP) und trat nicht mehr für den zweiten Wahlgang an.
Der unbequeme Köppel
Dennoch macht Fuhrer klar, dass der SVP mit Roger Köppel ein guter Wahlkämpfer abhandenkommt. «Er hat 2019 mit seiner Roadshow in allen Zürcher Gemeinden einen grossartigen Wahlkampf geführt», lobt sie. Die Doppelbelastung von Job und Politik sei in der SVP aber ein generelles Problem. Als Fiko-Präsidentin erhalte sie öfter Absagen für gewichtige Posten, weil sich die Angefragten in erster Linie für ihre Unternehmen verantwortlich fühlten. «Und schliesslich wollen wir keine Berufspolitiker», ergänzt Fuhrer.
Die Zürcher Kantonalpartei nimmt den Rücktritt Roger Köppels «mit Bedauern» zur Kenntnis, wie sie in einer Mitteilung schreibt. Er sei «einer der kreativsten Köpfe in der SVP-Bundeshausfraktion». Das bestätigt Martin Hübscher. Vor allem in der ersten Legislatur in Bern habe Köppel «als Querdenker kritische Fragen gestellt und ist sowohl für die Partei wie für die Medien unbequem» gewesen.
«Jede Stimme, die fehlt, schmerzt. Wir sind gewählt, um unser Mandat vom Volk wahrzunehmen.»
SVP-Nationalrat Bruno Walliser wurde vom Schritt Köppels überrascht, wie er auf Anfrage sagt. Angesprochen auf Köppels häufiges Fehlen im Parlament, antwortet Walliser so: «Jede Stimme, die fehlt, schmerzt. Wir sind gewählt, um unser Mandat vom Volk wahrzunehmen», sagt er. Dass es für Berufsleute und Unternehmer wie ihn selbst nicht immer einfach sei, stimme, sagt Walliser. «Aber wir stehen in der Pflicht.»