Wahlen 2023 In Zürich sind die Plätze in National- und Ständerat hart umkämpft
Der grösste Kanton wird noch ein bisschen grösser. 36 Sitze haben die Zürcherinnen und Zürcher neu im Nationalrat – einen mehr als bisher. Weil der Kanton in den vergangenen Jahren so stark gewachsen ist, muss der schrumpfende Kanton Basel-Stadt einen Sitz abtreten.
Profitieren könnten von der Rochade die Corona-Skeptiker. Die beiden Organisationen Aufrecht und Mass-Voll, die in der Pandemie gegen Maskenpflicht und Impfen auf die Barrikaden gegangen sind, treten zwar mit eigenen Listen an. Doch gemeinsam mit der christlich-konservativen EDU und der Rechtsaussen-Partei SD haben sie eine Listenverbindung gebildet.
Eine Zweck-Allianz, die sich auszahlen könnte. Holen die Listenpartner ähnlich viele Stimmen wie in den Kantonsratswahlen diesen Frühling, ist ihnen ein Sitz praktisch sicher. Gut möglich, dass er an Massnahmenkritiker und Ex-FDP-Mitglied Nicolas Rimoldi (28) geht, das bekannteste Gesicht in der Aussenseiter-Allianz.
Interessant wird auch, wer sich den frei werdenden Sitz von SVP-Nationalrat und «Weltwoche»-Chefredaktor Roger Köppel (58) schnappt. Er hat nach vier Jahren genug vom Nationalratsamt – obwohl er 2019 so viele Stimmen geholt hatte wie kein anderer Politiker im Kanton.
Dass die Partei ihre Sitzzahl halten oder sogar leicht ausbauen kann, ist realistisch. Am meisten Chancen dürften SVP-Fraktionschef Martin Hübscher (54), Parteipräsident Domenik Ledergerber (35) und Kantonsrätin Nina Fehr Düsel (42) haben.
Doris Fiala (66) von der FDP und Angelo Barrile (47) von der SP treten ebenfalls ab. Hoffnung, den Sprung in die nationale Politik zu schaffen, macht sich beispielsweise Juso-Präsident Nicola Siegrist (26). Zittern müssen derweil die Grünen. Ihnen droht ein Sitzverlust. Treffen könnte es Meret Schneider (31) oder Katharina Prelicz-Huber (63). Letztere ist 2011 schon einmal abgewählt worden – und schaffte dann vor vier Jahren das Comeback.
Hart umkämpft sind auch die beiden Sitze im Ständerat. SP-Mann Daniel Jositsch (58) dürfte schon im ersten Wahlgang wiedergewählt werden – auch wenn das die Bürgerlichen mit vereinter Kraft zu verhindern versuchen. Doch wer erbt den Sitz von Ruedi Noser (62), der nach 20 Jahren im Bundeshaus nicht wieder antritt?
FDP-Nationalrätin Regine Sauter (57) will den Sitz verteidigen, doch SVP-Konkurrent Gregor Rutz (50) kann ihr zur ernsthaften Gefahr werden. Die beiden Parteien haben die Abmachung getroffen, dass sich diejenige Person nach dem ersten Wahlgang zurückzieht, die weniger Chancen hat. Die Frage ist, ob sich FDP und SVP bei dieser Beurteilung einig sein werden.
Worin hingegen weitherum Einigkeit herrscht: Nicht unterschätzt werden darf Mitte-Kandidat Philipp Kutter (48). Der Nationalrat erlangte durch seinen schweren Skiunfall, der ihn zum Tetraplegiker machte, unfreiwillig grosse Bekanntheit.
In einer Umfrage, durchgeführt im Juli im Auftrag der «NZZ», lagen Rutz, Kutter und Sauter fast gleichauf. Deutlich dahinter: Tiana Moser (44), Fraktionschefin der GLP im Bundeshaus, der Zürcher Stadtrat Daniel Leupi (57) und EVP-Nationalrat Nik Gugger (53) sind abgeschlagen. Bei dieser Ausgangslage steht im Vorfeld der Wahlen nur eins fest: Es wird spannend. Sehr spannend.