Pilotversuch in Uetikon Der Zürcher Regierungsrat will nicht in die Autonomie der Schulen eingreifen. Morgens länger schlafen wie in Uetikon bleibt wohl für viele Jugendliche ein Traum.
Seit den Sommerferien dürfen Jugendliche in Uetikon morgens länger schlafen: Am Montag und am Freitag beginnt der Unterricht an der Sekundarschule erst um 8.15 Uhr statt um 7.25 Uhr. Die Änderung war von der Schülerschaft selbst gefordert und geplant – und mit dem Segen der Schulleitung umgesetzt worden.
Nicht richtig wach
«Wir sehen dauernd Jugendliche, die dem Unterricht in den ersten Stunden kaum folgen können, weil sie noch nicht richtig wach sind», sagte Sekundarschulleiterin Susann Blesi im April gegenüber dieser Redaktion. Auch die Forschung zeige, dass Schülerinnen und Schüler im Sekundarschulalter früh am Morgen nicht wirklich leistungsfähig seien.
Das Pilotprojekt rief die Küsnachter Kantonsrätin Nina Fehr Düsel (SVP) auf den Plan. Gemeinsam mit zwei anderen Kantonsrätinnen reichte sie beim Regierungsrat eine Anfrage zum Thema «Früher Schulanfang» ein und bat um die Beantwortung folgender Fragen: ob es weitere Schulen im Kanton mit ähnlichen Plänen gebe, wie die Erfahrungen in Uetikon seien, ob der Regierungsrat einen Schulbeginn ab 8.15 Uhr ebenfalls befürworte und welche Vor- und Nachteile ein späterer Schulbeginn auf der Sekundarstufe I und II bringe.
Der Regierungsrat schreibt in seiner Antwort, dass die Schulleitungen die Stundenpläne in der Volksschule gemäss Vorgaben des Volksschulgesetzes selbst festlegen würden. Die Gemeinden könnten Modelle wie das von der Sekundarschule Uetikon getestete deshalb in eigener Kompetenz einführen. Eine «Melde- oder Berichtspflicht besteht nicht».
Aus diesem Grund hat der Regierungsrat keine Kenntnis, ob und welche Schulen Frühlektionen auf später verschieben. Und auch zu den bisherigen Erfahrungen in Uetikon kann er sich nicht äussern. In Uetikon selbst ist ebenfalls noch nichts Konkretes zu erfahren. «Nach nur sechs Wochen Schule ist es zu früh für Schlussfolgerungen», sagt Sandra Fischer, Leiterin Bildung. Das Thema werde zu einem späteren Zeitpunkt evaluiert. So viel könne sie aber sagen: «Mir sind keine negativen Reaktionen bekannt.»
In der Anfrage von Fehr Düsel war der Regierungsrat auch um eine konkrete Stellungnahme zu einem späteren Schulbeginn um 8.15 Uhr gebeten worden. In seiner Antwort verzichtet er aber darauf, Position zu beziehen. Er verweist auf die Empfehlung des Volksschulamtes, den Unterricht in der Regel nicht vor 8 Uhr anzusetzen.
«Lektionen am frühen Morgen vor Beginn der Blockzeiten sind nicht untersagt, sie müssen aber zumutbar und als Ausnahme sachlich begründet sein», heisst es weiter. Eine Vorgabe durch den Kanton würde den Handlungsspielraum der Schulen übermässig einschränken, so das Fazit.
Und was hält der Regierungsrat von einem späteren Unterrichtsstart auf Sekundarstufe I und II, also in Sekundarschulen, Berufs- und Fachmittelschulen sowie Gymnasien? Dies sei aufgrund von Wahl- und Freifächern kompliziert, schreibt er in seiner Antwort.
«Die Schulen sind darauf angewiesen, bestimmte Lektionen früh ansetzen zu können, da sonst nicht alle Wahlfächer erteilt werden könnten.» Durch einen späteren Schulanfang würden sich ausserdem Freizeitangebote wie Sport oder Musik weiter in den Abend verschieben. «Dies würde sich wiederum auf das Privatleben der Jugendlichen und ihrer Familien auswirken.»
Mögliche Belastung
Die Antwort des Regierungsrates macht klar: So schnell dürfte sich nichts daran ändern, dass morgens um 7.30 Uhr eine grosse Zahl der Schülerinnen und Schüler im Kanton mit müden Äuglein in der Schulbank sitzt.
Einen Lichtblick gibt es immerhin für Mittelschülerinnen und Mittelschüler: Im Rahmen des Projekts «Weiterentwicklung der gymnasialen Maturität» wird derzeit für den Kanton Zürich ihre mögliche Belastung durch einen frühen Unterrichtsstart diskutiert. Verantwortlich für das Projekt sind die Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren und das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung.