Braucht es eine Frauenquote in Führungspositionen? Über diese Frage diskutierten die frisch gewählte Küsnachter Nationalrätin Nina Fehr Düsel (SVP) und die Journalistin Anne-Sophie Keller bei einem Podium an der Kantonalen Maturitätsschule für Erwachsene in Zürich.
«Die Gleichstellung der Frau ist in der Schweiz bereits erreicht», sagte die Küsnachter Nationalrätin Nina Fehr Düsel (SVP) am Dienstag vergangener Woche an einer Podiumsdiskussion zum Thema Frauenquote in Führungspositionen. Es war ihr erster öffentlicher Auftritte nach der erfolgreichen Wahl nach Bern. Die Zahlen sprächen allerdings eine andere Sprache, konterte Journalistin und Podiums-Kontrahentin Anne-Sophie Keller in der Aula der Kantonalen Maturitätsschule für Erwachsene im Seefeld. Mit 24 Prozent Frauenanteil im Schweizer Parlament hinke die Schweiz im europäischen Vergleich hintendrein. Der europaweite Durchschnitt verzeichne hingegen einen Frauenanteil von rund 35 Prozent. «Wir haben es lange ohne Frauenquote probiert, und offenbar hat es nicht geklappt», kam Keller in einer ersten Runde zum Schluss. Das Thema bot Zündstoff für lang anhaltende Diskussionen. Die beiden Kontrahentinnen im Griff behalten hat die Zürcher Schülerin Leonie Moser. Sie moderierte das Streitgespräch und organisierte das Podium im Rahmen ihrer Maturitätsarbeit.
Kein staatlicher Eingriff nötig
In einer Einführungsrunde machten beide Parteien ihre Positionen klar. Eine Frauenquote verbessere die Gleichstellung der Frau und sei nötig, um genügend Frauen in die Führungsetagen zu bringen, ist Keller der Ansicht. Vom Gegenteil überzeugt ist Fehr Düsel, weil eine verbindliche Quote einen gesetzlichen Zwang bilde und es somit andere Wege brauche. An dieser Stelle fügte die Moderatorin an, dass der Bund per Verfassung den Auftrag habe, die Gleichstellung der Frau zu sichern. Nina Fehr Düsel: «Obwohl ich Juristin bin, möchte ich nicht alles in Gesetze verankern. Wichtig ist, dass Unternehmen flexiblere Strukturen anbieten.» Weiter argumentierte sie, dass sich in den vergangenen Jahren die Möglichkeiten für Frauen verbessert hätten und es nun an der Frau selbst liege, die Zügel in die Hand zu nehmen. Denn es fehle den Frauen an Willen, meinte sie, und nannte ein persönliches Beispiel aus ihrem Umfeld, wo ihre Kollegin die Karriere freiwillig aufgegeben habe, nachdem sie Mutter wurde. «Es gibt für alles einzelne Gegenbeispiele, aber diese lassen sich nicht auf die gesamte Faktenlage übertragen», entgegnete Keller. Viel mehr müsse darüber gesprochen werden, dass es für die Wirtschaft attraktiv sei, Frauen einzustellen. Gemischtere Teams würden die Attraktivität des Arbeitgebers stärken und würden für mehr Zufriedenheit sorgen. Nach intensivem Austausch zwischen den beiden Kontrahentinnen lenkte die Moderatorin die Diskussion in eine neue Richtung. Sie konfrontierte Fehr Düsel mit der These, dass aufgrund des geringeren Frauenanteils in Führungspositionen sich weniger Frauen dazu inspiriert fühlen, in der beruflichen Karriere aufsteigen zu wollen, und eine Frauenquote die Rollenbilder durchbrechen könnte. Dazu sagte Fehr Düsel, dass eine Quote allein junge Frauen nicht dazu bewegen könne, in die Führungsetagen durchzudringen. Die Nationalrätin nannte einen anderen Faktor, der entscheidender sei: «Ich kann nur von mir selbst sprechen. Mich hat inspiriert, dass meine Mutter immer berufstätig war.» So seien die weiblichen Vorbilder zentral und nicht die Frauenquote. Dabei spielte sie etwas in die Hände der Gegenposition, da die Anzahl Frauenvorbilder mit einer Frauenquote erhöht werden könnte.
Fehr Düsel im Kreuzfeuer
Im Anschluss an die Debatte übergab die Moderatorin das Wort an das Publikum. Die meisten Fragen richteten sich an Nina Fehr Düsel. Vor allem das Thema um weibliche Vorbilder gab zu diskutieren. «Uns wird schon als Kind indirekt gesagt, welche Berufe welchem Geschlecht zugeordnet werden. Kann eine Frauenquote nicht dazu beitragen, aus dieser Denkweise auszubrechen?», meldete sich eine junge Frau aus dem Publikum. Fehr Düsel äusserte sich wie bisher: «Viele Frauen wollen keine Karriere machen und sind mit der Situation in der Schweiz zufrieden, da sie es sich auch eher leisten können, nicht zu arbeiten, sobald sie eine Familie gegründet haben.» Vom Einzelfall auf das Ganze zu schliessen, gehe allerdings nicht, widersprach Keller. Wichtig sei, dass die Rechte für alle vorhanden sind, auch wenn nicht alle davon profitieren würden. Als Beispiel nannte sie die Ehe für alle: «Man kann auch für etwas kämpfen, ohne davon betroffen zu sein.» Zum Abschluss der Podiumsdiskussion stellte die Moderatorin eine letzte Frage und wollte von den beiden Debattantinnen wissen, ob sich ihre Meinung zur Frauenquote nach der Diskussion geändert hat. Beide wichen von ihren Positionen nicht ab, doch Fehr Düsel räumte ein, dass es betreffend dem Frauenanteil in Führungsetagen Handlungsbedarf gebe. So kamen beide Parteien insofern zu einem Konsens, das Problem anzuerkennen. Wie es allerdings gelöst werden soll, darüber scheiden sich die Geister weiterhin.