20min.ch, 02.03.2024

«Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht, was eine der grössten Herausforderungen seit dem Zweiten Weltkrieg darstellt. Auch die Schweiz bleibt davon nicht unberührt.» Mit dieser Aussage nach weniger als zwei Monaten im Amt überraschte Beat Jans viele in der Politik.

Sein oberstes Ziel ist es, die Anzahl der Asylanträge von Personen zu reduzieren, die kaum Aussicht auf Asyl haben. Dies betrifft hauptsächlich Menschen aus Algerien, Marokko und Tunesien. Jans schlägt unter anderem vor, dass ihre Asylanträge schneller, in sogenannten 24-Stunden-Verfahren, bearbeitet werden sollen.

SP-Kollegin stärkt Jans den Rücken

Der unerwartet strenge Kurs eines SP-Bundesrats in der Asylpolitik hat Alicia Giraudel, Asylexpertin von Amnesty International Schweiz, überrascht. Sie äussert Bedenken darüber, dass die Pläne als Allheilmittel dargestellt werden, ohne die potenziellen Risiken dieser abschreckenden Massnahmen zu berücksichtigen. SP-Ständerätin Franziska Roth verteidigt den Kurs von Jans. «Es ist die richtige Stossrichtung, auch wenn ich in gewissen Punkten anderer Meinung bin», so ihr Fazit.

Asylexpertin Giraudel sieht jedoch die Rechte von Asylsuchenden in Gefahr. Sie argumentiert, dass die Situation einer Person in so kurzer Zeit kaum angemessen geprüft werden könne. «Das ist der Anfang der Aushöhlung des Asylrechts.»

SEM-Vizedirektor widerspricht der Kritik

Der Vizedirektor des Staatssekretariats für Migration (SEM), Claudio Martelli, widerspricht dieser Kritik entschieden. «Es geht nicht um Abschreckung, sondern um ein klares Signal.» Martelli teilt nicht die Bedenken von Giraudel, dass schutzbedürftige Asylsuchende durch das Raster fallen könnten. Er erklärt: «Bei den 24-Stunden-Verfahren werden die gleichen Verfahrensschritte durchgeführt wie bei den regulären Asylverfahren. Nur die Wartezeiten zwischen den Schritten werden verkürzt.»

Für die FDP-Staatsrätin Isabelle Moret aus dem Kanton Waadt liegt genau hier der Vorteil beschleunigter Verfahren: «Menschen, die kein Asyl erhalten, können schneller ausgewiesen werden, wodurch mehr Platz für diejenigen entsteht, die tatsächlich Schutz benötigen.»

«Die Fälle von sexuellen Übergriffen und Diebstählen häufen sich und viele Menschen fühlen sich nicht mehr sicher.» Da dürfe man nicht einfach wegschauen, so die Zürcher SVP-Nationalrätin Nina Fehr Düsel. Erst kürzlich kündigte die Neuenburger Kantonsregierung an, sie werde die Vereinbarung über das Bundesasylzentrum frühzeitig kündigen, wenn es keine Verbesserungen gebe. Grund dafür waren anhaltende Beschwerden aus der Bevölkerung über Diebstähle und Einbrüche.

Düsel Fehr sagt weiter: «Ich höre viele Stimmen aus der Bevölkerung – und das sind nicht nur unsere Wähler – die sagen, dass sie sich nicht mehr sicher fühlen würden.»

«Wir nehmen das sehr ernst»

Auch die SP-Ständerätin Franziska Roth stellt fest, dass das subjektive Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung abnimmt. Sie betont, dass die Politik genau hinsehen, Zahlen präsentieren und Probleme benennen müsse.

Auch beim SEM werden Rückmeldungen aus der Bevölkerung ernst genommen, sagt Vizedirektor Martelli in der «Arena»: «Wir nehmen das sehr ernst.» Als Reaktion auf das zunehmende Unsicherheitsgefühl führt man eine Reihe von Massnahmen durch, wie beispielsweise die Erhöhung des Sicherheitspersonals in und um Bundesasylzentren sowie verstärkte Präventions- und Integrationsmassnahmen.