An der Kantonsschule Küsnacht diskutierten vier Politiker über die Initiativen zum Atomausstieg und zum Schutz der Ehe.

Wäre die Stromversorgung auch gesichert, falls die Schweiz die Atomausstiegsinitiative am 27. November annimmt? Diese Hauptfrage stellte sich in Küsnacht. «Ganz klar ja», betonte der Nationalrat Balthasar Glättli (Grüne). Im nächsten Jahr würden nur Mühleberg sowie Beznau 1 und 2 vom Netz genommen. Diese produzieren rund zwölf Prozent des Schweizer Stroms. Schweizer Firmen produzieren im Ausland bereits mehr ökologischen Strom, als dadurch wegfallen würde, erklärte er.

Ganz anderer Meinung war Nina Fehr Düsel. «Durch die Automatisierung und das Bevölkerungswachstum brauchen wir immer mehr Strom», betonte die SVP-Kantonsrätin. Sie sei zwar für einen Atomausstieg allerdings nicht für einen forcierten. Felix Huber von den Grünliberalen schlug sich auf die Seite von Glättli. «Es fehlt aber ein bisschen an Speicherkapazität», räumte der Grünliberale ein. Dieses Problem könne mit dem Ausland kompensiert werden. Darin sah Fehr ein Problem. Sie möchte nicht, dass die Schweiz bei Versorgungsengpässen beispielsweise Strom aus Kohlekraftwerken importieren müsste.

«Vertrauen ins ENSI» Diese mögliche Abhängigkeit störte auch Christoph Baumann. «Die Deutschen und die Franzosen reiben sich die Hände, sie können uns in Krisenzeiten teuren Strom verkaufen», erklärte der Vorsitzende der Jungfreisinnigen des Kanton Zürich. Glättli sah die Abhängigkeit eher in den AKW. Diese produzieren 40 Prozent des Schweizer Stroms. Die AKW Leibstadt und Gösgen machen davon je ein Drittel aus.

Selbstverständlich war bei der Debatte auch die Sicherheit ein Thema. Christoph Baumann sprach dem Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) sein Vertrauen aus. Glättlis Argument, die Kontrolleure seien zu nahe an der Atomlobby, liess er nicht gelten: «Für diese Arbeit braucht es Experten, da ist es klar, dass sie aus dem Bereich kommen. » Glättli hatte bei der Sicherheit noch einen weiteren Punkt zu bemängeln. Das ENSI wollte die Sicherheitsanforderung mit längerer Laufzeit steigern. Dieses Anliegen habe das Parlament gestrichen.

Ein weiteres Argument gegen einen Ausstieg brachte Christoph Baumann ins Spiel. Er machte darauf aufmerksam, dass die AKW-Betreiber Schadenersatzforderungen stellen könnten. Glättli widersprach: «Schadenersatz kann nur gefordert werden, wenn ein Schaden entstanden ist.» Dafür bräuchten die Betreiber stichhaltige Argumente.

Eine Schülerin wies darauf hin, dass ein Ausstiegsdatum Investoren dazu antreiben könnte, mehr in erneuerbare Energien zu investieren. Darauf betonte Fehr, dass die Schweiz bereits jetzt viel in diese Richtung unternehme.

Neben der Atomausstiegsinitiative diskutierten die Politiker auch über die kantonale Volksinitiative «Schutz der Ehe». Sie möchte folgenden Satz in die kantonale Verfassung aufnehmen: «Die Ehe ist die auf Dauer angelegte und gesetzlich geregelte Lebensgemeinschaft von Mann und Frau.» Nina Fehr Düsel, die die Initiative verteidigte, hatte in dieser Debatte einen schweren Stand.

Sie hatte nicht nur die drei anderen Politiker, sondern praktisch alle Schüler gegen sich. Die SVP-Frau befürwortet zwar alle Lebensformen. Dennoch finde sie die Ehe als älteste Lebensform schützenswert, damit sie gegenüber den anderen Lebensformen nicht ins Hintertreffen gerate.

«Mustervertrag sollen alle haben» Christoph Baumann hingegen betonte, dass die Ehe ein Vertrag sei. «Der Staat soll keinen Einfluss darauf nehmen, wie wir zusammenleben», erklärte der Jungfreisinnige. Balthasar Glättli hackte beim Stichwort Vertrag ein. «Die Ehe ist ein Mustervertrag, den der Staat zur Verfügung stellt», so der Nationalrat. Diese Vereinfachung solle allen Paaren offenstehen.

Fehr hielt dem entgegen, dass man nicht immer alles gleich machen müsse, was nicht gleich sei. Es gäbe nun mal Unterschiede zwischen homosexuellen und heterosexuellen Paaren. Ausserdem schade dieser Artikel niemandem, er schütze nur die Ehe. «Die Initiative schadet sehr wohl jemandem. Sie diskriminiert homosexuelle Paare», widersprach Felix Huber. Diese können bei einer eingetragenen Partnerschaft keine Kinder adoptieren oder einen gemeinsamen Namen annehmen.

«Es ist eine reine Symbolabstimmung », meinte Glättli. Konservative Kreise würden mit der Initiative versuchen, Stimmung gegen eine mögliche Öffnung der Ehe zu machen. «Diese symbolische Initiative verdient eine symbolische Ohrfeige», betonte er. Ob sie diese erhält und wie es mit den Schweizer Atomkraftwerken weitergeht, entscheidet sich am 27. November.

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